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„Erzählen, das bedeutet einen Bogen spannen, wo zunächst keiner ist, den Entwicklungen Struktur und Folgerichtigkeit gerade dort verleihen, wo die Wirklichkeit nichts davon bietet.“
„Ich schreibe, weil ich eine Geschichte erzählen will, die mich interessiert und von der ich hoffe, daß ich sie auch für andere interessant machen kann – ich vermittle also. Ich schreibe für den Leser, aber ich kenne ihn nicht. Die dritte Antwort erübrigt sich.“
„Ich blicke mich um, betrachte die Wände, das Fenster; alles ist wie früher, unverändert, aber die Umrisse sind verschwommen, als ob alles leicht verzerrt sei. Ich muss vorsichtiger mit meinen Erinnerungen umgehen, ich muss sicher sein, dass es meine eigenen und nicht die anderer Leute sind, Leute, die mir erzählen wollen, was ich empfand, wie ich mich verhielt, was ich sagte: Wenn die Ereignisse nicht stimmen, stimmen auch die Empfindungen nicht, die ich dabei hatte; ich werde anfangen, sie zu erfinden, und es gibt dann keine Möglichkeit mehr, das zu korrigieren, weil die, die mir helfen könnten, nicht mehr da sind, Ich überfliege schnell meine Version meines Lebens, überprüfe sie wie ein Alibi; es passt zusammen, es ist alles da bis zu der Zeit, als ich fortging. Danach ist mein Leben wie ein entgleister Zug, für einen Augenblick verliere ich es aus den Augen, es ist wie weggewischt; ich weiß nicht mal mein genaues Alter, ich schließe die Augen, was ist das? Die Vergangenheit zu besitzen, aber nicht die Gegenwart, das bedeutet, man fängt an senil zu werden.Ich kämpfe gegen die Panik, die in mir aufsteigt, ich öffne meine Augen gewaltsam, betrachte meine Hände, mein Leben ist darin eingeritzt. Ich öffne die Hand, und die Linien fließen auseinander. Ich konzentriere mich auf das Spinnennetz beim Fenster, in dem gefangene Fliegenkörper hängen, die das Sonnenlicht auffangen; die Zunge in meinem Mund bildet meinen Namen, wiederholt ihn wie ein Psalm…Dann klopft jemand an die Tür. „Gefangen, gefangen“, sagt jemand, es ist David, ich erkenne ihn, Erleichterung, ich bin wieder da, wo ich hingehöre.“
„Ich habe eine soziale Krankheit. Ich muss jede Nacht ausgehen. Wenn ich eines Nachts zu Hause bleibe, fange ich an, meinen Hunden Gerüchte zu erzählen.“
„Man sollte nie jemand etwas erzählen. Sonst fangen sie alle an einem zu fehlen.“
„Der Autor, der fremde Kostüme ausklopft, kommt dem stofflichen Interesse von der denkbar bequemsten Seite bei. Der geistige Leser hat deshalb das denkbar stärkste Misstrauen gegen jene Erzähler, die sich in exotischen Milieus herumtreiben.“
„Wenn sie einem Jungen eine interessante Geschichte erzählen, hört er mit einem großen Gefühl von Neugier und Energie zu. Er will wissen, was passieren wird, und wartet ängstlich bis zum Ende. Aber wir Erwachsenen haben alle Neugier und Energie verloren, um diese Energie zu entdecken, die notwendig ist, um die Dinge so zu sehen, wie sie sind, ohne sie zu verzerren.“
„Mein Vater hat mir beigebracht zu arbeiten, aber es nicht zu lieben. Ich habe nie gerne gearbeitet und ich leugne es nicht. Ich würde lieber lesen, Geschichten erzählen, Witze machen, reden, lachen – alles andere als arbeiten.“
„Die moderne Ratlosigkeit vor der fliehenden Zeit ist durch welthistorisches Erzählen nicht mehr zu trösten. Die große GESCHICHTE von einst entpuppt sich als eine evolutionäre List, die sich nicht verraten durfte, wenn sie wirksam bleiben wollte: als ein aktiver autohypnotischer Mythos. Dieses Geheimnis ist heute ausgeplaudert und um seine Wirkung gebracht.“
„Lass dir von den Steinreichen erzählen. Sie sind anders als du und ich. Sie haben Besitz und können ihn früh genießen, und das – macht sie weich, wo wir hart sind.“
„Sie sind der Erzähler Ihres eigenen Lebens und Sie können Ihre eigene Legende erstellen oder nicht.“
„Die Menschen verlieben sich so in ihren Schmerz, dass sie ihn nicht zurücklassen können. Das gleiche wie die Geschichten, die sie erzählen. Wir fangen uns.“
„Mach dir keinen Kummer, ich werde dich lieben und dir die schrecklichen Sachen ersparen, von denen dir deine Schulfreundinnen erzählen: Sachen, wie sie angeblich in Hochzeitsnächten passieren; glaub dem Geflüster dieser Närrinnen nicht; wir werden lachen, wenn es soweit ist, bestimmt, ich verspreche es dir, aber du mußt noch warten, ein paar Wochen, höchstens einen Monat, bis ich den Blumenstrauß kaufen, die Droschke mieten, vor eurem Haus vorfahren kann. Wir werden reisen, uns die Welt anschauen, du wirst mir Kinder schenken, fünf, sechs, sieben; die Kinder werden mir Enkel schenken, fünfmal, sechsmal, siebenmal sieben; du wirst nie merken, daß ich arbeite; ich werde dir den Männerschweiß ersparen, Muskelernst und Uniformernst; alles geht mir leicht von der Hand, ich hab’s gelernt, ein bißchen studiert, hab den Schweiß im voraus bezahlt; ich bin kein Künstler; mach dir keine Illusionen; ich werde dir weder falsche noch echte Dämonie bieten können, das wovon dir deine Freundinnen Gruselmärchen erzählen, werden wir nicht im Schlafzimmer tun, sondern im Freien: du sollst den Himmel über dir sehen. Blätter oder Gräser sollen dir ins Gesicht fallen, du sollst den Geruch eines Herbstabends schmecken und nicht das Gefühl haben, an einer widerwärtigen Turnübung teilzunehmen, zu der du verpflichtet bist; du sollst herbstliches Gras riechen, wir werden im Sand liegen, unten am Flußufer, zwischen den Weidenbüschen, gleich oberhalb der Spur, die das Hochwasser hinterließ; Schlifstengel, Korken, Schuhkremdosen, eine Rosenkranzperle, die einer Schifferfrau über Bord fiel, und in einer Limonadenflasche eine Post; in der Luft der bittere Rauch der Schiffsschornsteine; rasselnde Ankerketten; wir werden keinen blutigen Ernst draus machen, obwohl’s natürlich ernst und blutig ist“.“
„Versuchen Sie jetzt, mein drittes Rätsel zu beantworten. Nach welcher Regel erzählen Sie eine Kopie von einem Original?“
„Man braucht nicht immer einen Dialog, um eine Geschichte zu erzählen.“
„Ich möchte den Menschen etwas von der Karibik erzählen. Dass sie meine lustige Seite sehen.“
„FrühlingsdämmerungIn der stillen Pracht,in allen frischen Büschen und Bäumenflüstert’s wie Träumendie ganze Nacht.Denn über den mondbeglänzten Ländernmit langen weißen Gewändernziehen die schlankenWolkenfrau’n wie geheime Gedanken,senden von den Felsenwändenhinab die behendenFrühlingsgesellen, die hellen Waldquellen,die’s unten bestellenan die duftgen Tiefen,die gerne noch schliefen.Nun wiegen und neigen in ahnendem Schweigensich alle so eigenmit Ähren und Zweigen,erzählens‘ den Winden,die durch die blühenden Lindenvorüber den grasenden Rehensäuselnd über die Seen gehen,daß die Nixen verschlafen auftauchenund fragen,was sie so lieblich hauchen –wer mag es wohl sagen?“
„Man kann alles erzählen, nur nicht sein wirkliches Leben; – diese Unmöglichkeit ist es, was uns verurteilt zu bleiben, wie unsere Gefährten uns sehen und spiegeln, sie, die vorgeben, mich zu kennen, sie, die sich als meine Freunde bezeichnen und nimmer gestatten, daß ich mich wandle […].“
„Eines der Hauptmotive des künstlerischen Schaffens ist gewiß das Bedürfnis, uns gegenüber der Welt wesentlich zu fühlen.Erzählen heißt: der Wirklichkeit zur Wirksamkeit zu verhelfen.“
„Ich möchte gern mal wirklich Geschichten erzählen. (…) Und davon gibt es natürlich in so einem Leben nicht wenig – Ernstes und weniger Ernstes, Schlimmes, Gutes, Schönes und auch viel Gegenteil vom Schönen. Man kommt natürlich leicht in Versuchung, dabei Lehren ziehen zu wollen. Wenn man es für sich selber tut, ist es auch in Ordnung. Wenn man es für andere zu tun versucht, muß man zur Ordnung gerufen werden. Das ist dann auch in der Ordnung.“
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