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„Ein anderer Weg, dessen sich die Menschen gewöhnlich bedienen, um andere in die Enge zu treiben, und sie zur Unterordnung ihres Urteils und zur Annahme der bestrittenen Meinung zu nötigen, ist, daß sie den Gegner auffordern, entweder ihren Beweis gelten zu lassen oder einen besseren dagegen vorzubringen. Und den nenne ich argumentum ad ignorantiam.“
„Wenn die Lebhaftigkeit des Geistes darin besteht, daß wir die im Gedächtnis bewahrten Ideen leicht zur Hand haben, so beruht darauf, daß wir sie unverwirrt halten und imstande sind, auch bei der geringsten Verschiedenheit ein Ding von dem andern genau zu unterscheiden, zum guten Teil die Richtigkeit und die Klarheit des Urteils und die Klarheit der Begründung, die sich bei einem Menschen mehr zeigen kann als bei einem andern.“
„Es sollte zugleich die Ansicht wachsen, daß ein dritter Weltkrieg, wenn auch nicht unwahrscheinlich, so doch nicht unvermeidlich ist. Nicht ausgeschlossen ist es, daß die Welteinheit sich durch Verträge erreichen läßt. Das würde freilich die Entstehung einer dritten Macht voraussetzen, als welche vorläufig nur das geeinte Europa denkbar ist. Auch könnte die Umdrehung ein Maß erreichen, das einen der Konkurrenten bereits im Frieden scheitern läßt. Dann gibt es das Unvorhergesehene. Das alles drängt zu dem Urteil, daß bei hinreichender Kraft des Geistes weder zum Optimismus, noch zur Verzweiflung Anlaß gegeben ist.“
„Unter den Menschen ist Sokrates zu nennen, dessen Vorbild nicht nur die Stoa, sondern kühne Geister zu allen Zeiten befruchtete. Wir mögen über Leben und Lehre dieses Mannes verschiedener Ansicht sein; sein Tod zählt zu den größten Ereignissen. Die Welt ist so beschaffen, daß immer wieder das Vorurteil, die Leidenschaften Blut fordern werden, und man muß wissen, daß sich das niemals ändern wird. Wohl wechseln die Argumente, doch ewig unterhält die Dummheit ihr Tribunal. Man wird hinausgeführt, weil man die Götter verachtete, dann weil man ein Dogma nicht anerkannte, dann wieder, weil man gegen eine Theorie verstieß. Es gibt kein großes Wort und keinen edlen Gedanken, in dessen Namen nicht schon Blut vergossen worden ist. Sokratisch ist das Wissen von der Ungültigkeit des Urteils, und zwar von der Ungültigkeit in einem erhabeneren Sinne, als menschliches Für und Wider ihn ermitteln kann. Das wahre Urteil ist von Anbeginn gesprochen: es ist auf die Erhöhung des Opfers angelegt. Wenn daher moderne Griechen eine Revision des Spruches anstreben, so wären damit nur die unnützen Randbemerkungen zur Weltgeschichte um eine weitere vermehrt, und das in einer Zeit, in der unschuldiges Blut in Strömen fließt. Dieser Prozeß ist ewig, und die Banausen, die in ihm als Richter saßen, trifft man auch heute an jeder Straßenecke, in jedem Parlament. Daß man das ändern könne: dieser Gedanke zeichnete von jeher die flachen Köpfe aus. Menschliche Größe muß immer wieder erkämpft werden. Sie siegt, indem sie den Angriff des Gemeinen in der eigenen Brust bezwingt. Hier ruht die wahre historische Substanz, in der Begegnung des Menschen mit sich selbst, das heißt: mit seiner göttlichen Macht. Das muß man wissen, wenn man Geschichte lehren will. Sokrates nannte diesen tiefsten Ort, an dem ihn eine Stimme, schon nicht mehr in Worten faßbar, beriet und lenkte, sein Daimonion. Man könnte ihn auch den Wald nennen.“
„Wir leben in Zeiten, in denen Krieg und Frieden schwer zu unterscheiden sind. Die Grenzen zwischen Dienst und Verbrechen sind durch Schattierungen verwischt. Das täuscht selbst scharfe Augen, denn in jeden Einzelfall fließt ja die Zeitverwirrung, die Allgemeinschuld ein. Erschwerend wirkt ferner, daß Fürsten fehlen und daß die Mächtigen alle über die Stufen der Parteiung aufgestiegen sind. Das mindert vom Ursprung an die Begabung für Akte, die sich auf das Ganze richten, also für Friedensschlüsse, Urteile, Feste, Spendungen und Mehrungen. Die Kräfte wollen vielmehr vom Ganzen leben; sie sind unfähig, es zu erhalten und zu mehren durch inneren Überfluß: durch Sein. So kommt es zum Verschleiß des Kapitals durch siegreiche Fraktionen, für Tageseinsichten und -absichten, wie das bereits der alte Marwitz befürchtete.“
„Dazu kommt, daß die Erfindungen den Krieg ins Uferlose treiben und die neuen Waffen jede Unterscheidung zwischen Kämpfern und Nichtkämpfern aufheben. Damit fällt die Voraussetzung, aus der das Standesbewußtsein des Soldaten lebt, geht der Verfall der ritterlichen Formen Hand in Hand. Noch Bismarck lehnte den Vorschlag ab, Napoleon III. vor ein Gericht zu ziehen. Er hielt sich als Gegner nicht für zuständig. Inzwischen ist es üblich geworden, den Besiegten rechtsförmlich zu verurteilen. Die Streitigkeiten, die sich an solche Sprüche knüpfen, sind überflüssig und entbehren der Grundlage. Parteien können nicht urteilen. Sie setzen den Gewaltakt fort. Sie entziehen auch den Schuldigen seinem Gericht.“
„Weh denen, die unrechte Gesetze machen, und den Schreibern, die unrechtes Urteil schreiben, um die Sache der Armen zu beugen und Gewalt zu üben am Recht der Elenden in meinem Volk, dass die Witwen ihr Raub und die Waisen ihre Beute werden!“
„Sagen wir also, dass der Gedanke der Ewigen Wiederkehr eine Perspektive bezeichnet, aus der die Dinge uns anders erscheinen, als wir sie kennen: sie erscheinen ohne den mildernden Umstand ihrer Vergänglichkeit. Dieser mildernde Umstand hindert uns nämlich daran, ein Urteil zu fällen. Wie kann man etwas verurteilen, was vergänglich ist? Im Abendrot leuchtet allesim verführerischen Licht der Nostalgie, sogar die Guillotine.“
„Gott weiß, dass ich es nicht heuchlerisch finde zu sagen, dass ich so gut, wie ich eben kann, Mitleid empfinde. […] Es ist ein Urteil für jemand anderen, der heute nicht hier steht. Ich werde also für diese Taten gefoltert, dafür leiden und die Schmerzen dafür ertragen, aber ich werde nicht die Bürde und die Schuld dafür auf mich nehmen. Das ist alles, was ich zu sagen habe.“
„Wenn der Mensch Gott einem moralischen Urteil unterwirft, tötet er ihn in seinem Herzen.“
„Für ein zukünftiges Leben muss jeder Mensch selbst zwischen widersprüchlichen und vagen Wahrscheinlichkeiten urteilen.“
„Es gibt eine Menge Leute auf der Welt, die in der Hölle sind, weil sie zu sehr vom Urteil anderer abhängen.“
„Laßt uns ohne Vorurteil urteilen.“
„Man bildet sich zwar insgemein ein, daß Experimente bei der Erziehung nicht nötig wären, und daß man schon aus der Vernunft urteilen könne, ob etwas gut, oder nicht gut sein werde. Man irret aber hierin aber sehr, und die Erfahrung lehrt, daß sich oft bei unseren Versuchen ganz entgegengesetzte Würkung sich zeigen von denen, die man erwartete.“
„Wenn, in einer philosophischen Frage, das einstimmige Urteil der Weltweisen ein Wall wäre, über welchen zu schreiten es vor ein gleichsträfliches Verbrechen mit demjenigen, welches Remus beging, müßte gehalten werden, so würde ich mich den Vorwitz wohl vergehen lassen, meinen Einfällen wider das entscheidende Gutachten des ehrwürdigen großen Haufens diejenige Freiheit zu erlauben, die durch nichts weiter als durch die gesunde Vernunft gerechtfertiget ist.“
„Das Bewußtsein des sich selbst Beobachtenden ist eine ganz einfache Vorstellung des Subjekts im Urteile überhaupt wovon man alles weiß, wenn man es bloß denkt; aber das von sich selbst beobachtende Ich ist ein Inbegriff von so viel Gegenständen der inneren Wahrnehmung daß die Psychologie vollauf zu tun hat um alles darin im Verborgenen liegende aufzuspüren und nicht hoffen darf damit jemals zu Ende zu kommen und die Frage hinreichend zu beantworten: Was ist der Mensch.“
„Man kann also zwar richtig sagen: daß die Sinne nicht irren, aber nicht darum, weil sie jederzeit richtig urteilen, sondern weil sie gar nicht urteilen.“
„Irrtümer entspringen nicht allein daher, weil man gewisse Dinge nicht weiß, sondern weil man sich zu urteilen unternimmt, ob man gleich noch nicht alles weiß, was dazu erfordert wird.“
„Ein Urteil läßt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil“
„Am unbarmherzigsten im Urteil über fremde Kunstleistungen sind die Frauen mittelmäßiger Künstler.“
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