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„Vermutlich ist Ihnen das Leben dieses afrikanischen Jungen egal. Wahrscheinlich erschrecken Sie jetzt viel mehr, wenn ich Ihnen verrate, dass das Fleisch auf Ihrem Porzellanteller kein Ibaiona-Schwein ist, sondern aus herkömmlicher Massentierhaltung stammt.« Auch wenn es kein Witz war, nutzten einige der Anwesenden den Moment für ein befreiendes Auflachen. »Ich bitte Sie, einmal den Teller zu heben.« Geschäftige Unruhe machte sich breit. Lautes Gemurmel brandete auf, als die Gäste ein Stück Papier fanden, das auf Wunsch Zaphires unter jedes Gedeck gelegt worden war. Lakonisch sagte er: »Was Sie jetzt in den Händen halten, ist ein Beipackzettel, wie er in Millionen von Medikamentenpackungen steckt. Und wie er jedem im Supermarkt gekauften Schnitzel beiliegen müsste: Tylosinphosphat, Olaquindox, Aminosidin, Clorsulon, Clavulansäure, Levamisol, Azaperon – die Liste ist endlos. Sogar Aspirin wurde von unserem Labor nachgewiesen. Und das ist ja auch ganz logisch.« Er räusperte sich und nippte kurz an dem bereitstehenden Wasserglas. »Wenn ich Sie hier alle anketten und in einem lichtlosen Raum auf wenigen Quadratmetern zusammenpferchen würde, wenn ich Ihnen wie den Schweinen im Stall unserer Fleischfabriken die Eckzähne herausbräche, damit Sie Ihren Platznachbarn nicht totbeißen können, und wenn ich Sie dann mit genmanipuliertem Billigfraß und Wachstumshormonen in Blitzgeschwindigkeit bis zur Schlachtreife hochmästen würde, die nebenbei bemerkt viele der Anwesenden hier im Saal schon längst überschritten haben, dann ist es klar, dass mein Massenmenschschlachtungs-Geschäftsmodell ohne Einsatz von Schmerzmitteln, Antibiotika, Psychopharmaka und Antiparasitika nicht auskommen könnte, ganz zu schweigen von den Tonnen an Sedativa, damit Sie auf dem Transport zum Schlachthof nicht randalieren, bevor ich Sie dort lebendig in ein Brühbad kippen kann.«“
„Da steht eine Burg überm Thale // Und schaut in den Strom hinein // Das ist die fröhliche Saale // Das ist der Gibichenstein.“
„Alle drängen sich, mit Sokrates auf der Bank der Spötter zu sitzen, doch werden die Reihen lichter, wenn es gilt, ihn wie Xenophon mit Schild und Schwert zu begleiten, und wenn gar der Becher gereicht wird, leert sich der Saal.“
„Wir alle haben das Bedürfnis, von jemandem gesehen zu werden. Man könnte uns in vier Kategorien einteilen, je nach der Art von Blick, unter dem wir leben möchten. Die erste Kategorie sehnt sich nach dem Blick von unendlich vielen anonymen Augen, anders gesagt, nach dem Blick eines Publikums. Zur zweiten Kategorie gehören die Leute, die zum Leben den Blick vieler vertrauter Augen brauchen. Das sind die nimmer müden Organisatoren von Cocktails und Parties. Sie sind glücklicher als die Menschen der ersten Kategorie, die das Gefühl haben, im Saal ihres Lebens sei das Licht ausgegangen, wenn sie ihr Publikum verlieren. Irgendwann passiert das fast jedem von ihnen. Die Menschen der zweiten Kategorie hingegen, verschaffen sich immer irgendwelche Blicke. Dann gibt es die dritte Kategorie derer, die im Blickfeld des geliebten Menschen sein müssen. Ihre Situation ist genauso gefährlich wie die von Leuten der ersten Kategorie. Einmal schließen sich die Augen des geliebten Menschen und es wird dunkel im Saal. Und dann gibt es noch die vierte und seltenste Kategorie derer, die unter dem imaginären Blick abwesender Menschen leben. Das sind die Träumer.“
„Wie manche Pfarrer die Kirche leer predigen, reden auch manche Politiker den Saal leer.“
„Wenn Sie das Wort „Marxist“ hören, geht es Ihnen so, wie Goebbels damit operiert hat, nicht anders. Sie sind nämlich in dieser Frage genauso dumm, wie es jener war. Nur war er ganz jesuitisch raffiniert. (… Die Abgeordneten der CDU/CSU verlassen den Saal. Präsident Frau Renger: Herr Abgeordneter, ich rufe Sie dafür zur Ordnung.) Wer herausgeht, muß auch wieder hereinkommen. (…) Das ist der Nachteil derer, die herausgehen: sie müssen wieder hereinkommen. (…) Ich sage Ihnen Prost, weil Sie wahrscheinlich dahin gehen. (…) Sie Grünschnabel!“
„Bibliothèque Nationale. Ich sitze und lese einen Dichter. Es sind viele Leute im Saal, aber man spürt sie nicht. Sie sind in den Büchern. Manchmal bewegen sie sich in den Blättern, wie Menschen, die schlafen und sich umwenden zwischen zwei Träumen.“