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„Zu sagen, dass Ihnen das Recht auf Privatsphäre egal ist, weil Sie nichts zu verbergen haben, ist nichts anderes als zu sagen, dass Ihnen die Meinungsfreiheit egal ist, weil Sie nichts zu sagen haben. Es ist ein zutiefst antisoziales Prinzip, denn Rechte sind nicht nur individuell. Sie sind kollektiv, und was für Sie heute möglicherweise keinen Wert hat, hat möglicherweise einen Wert für eine gesamte Bevölkerung, ein gesamtes Volk, eine gesamte Lebensweise von morgen. Und wenn Sie sich nicht dafür einsetzen, wer wird es dann tun?“
„Aber ich akzeptiere keine kollektive Verantwortung, ich fühle mich nicht verpflichtet, ein Ereignis zu bereuen, das sich ein halbes Jahrhundert vor meiner Geburt zugetragen hat.“
„Eine bleibende Kulturleistung der 68er besteht darin, dass sie die deutsche Gesellschaft in ein Kollektiv von Halbkranken umgeschaffen haben.“
„Das Kollektiv der Täter rühmt sich noch einmal in geheuchelter Trauer seiner Verbrechen, und das Kollektiv der Opfer nimmt es noch einmal hin, sonderbehandelt zu werden, diesmal auf Kosten der Sinti und der Roma, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und all der anderen Opfer der Nazis, denen kein Mahnmal gesetzt werden soll, weil für das deutsche Ansehen im Ausland Schwule und Zigeuner irrelevant sind.“
„Auf den verschiedensten Stufen setzt das Leben zu solchen Lösungen an. Zu den gemeinsamen Kennzeichen gehören Staaten-, Stock- und Koloniebildung, Schaffung von biologischen Klassen, die stärker differenzieren als soziale und ökonomische, Spezialisierung und Sozialisierung des Geschlechtlichen, kollektive Brutfürsorge, Großbauten, Speicherwirtschaft und anderes. Es muß sich hier um ein großes undständiges Anliegen handeln, das sich bereits an den frühesten Formen erprobt undmit ihnen experimentiert.“
„Ein solches Wagnis kann Erfolg nur dann erhoffen, wenn ihm von den drei großen Mächten der Kunst, der Philosophie und der Theologie Hilfe geboten und Bahn im Ausweglosen gebrochen wird. Wir werden darauf im einzelnen eingehen. Vorausgeschickt sei nur, daß in der Kunst tatsächlich das Thema des umstellten Einzelnen an Raum gewinnt. Naturgemäß wird das besonders in der Menschenschilderung hervortreten, wie sie der Bühne und dem Lichtspiel zukommt, vor allem aber dem Roman. Und wirklich sehen wir die Perspektive wechseln, insofern die Schilderung der fortschreitenden oder sich zersetzenden Gesellschaft abgelöst wird durch die Auseinandersetzung des Einzelnen mit dem technischen Kollektiv und seiner Welt. Indem der Autor in ihre Tiefe eindringt, wird er selbst zum Waldgänger, denn Autorschaft ist nur ein Name für Unabhängigkeit.“
„Wir wollen unterstellen, daß wir die Hemisphäre, auf der sich das Notwendige vollzieht, in ihren Umrissen erforscht hätten. Hier zeichnet sich das Technische, das Typische, das Kollektive ab, bald grandios, bald fürchterlich. Wir nähern uns nun dem anderen Pole, an dem der Einzelne nicht nur leidend, sondern zugleich erkennend und richtend wirkt. Da ändern sich die Aspekte; sie werden geistiger und freier, doch werden auch die Gefahren deutlicher.“
„Zu den Kennzeichen der Befragung gehört die Einsamkeit. Sie ist besonders merkwürdig in Zeiten, in denen der Kultus der Gemeinschaft blüht. Daß aber gerade das Kollektiv als das Unmenschliche auftritt, gehört zu den Erfahrungen, die wenigen erspart bleiben. Es ist ein ähnliches Paradoxon wie jenes: daß im gleichen Verhältnis zu den ungeheuren Raumeroberungen sich die Freiheit des Einzelnen mehr und mehr beschränkt.“
„Die Untergangsvorstellungen anläßlich des Erscheinens des Halleyschen Kometen, 1910…. Der Schock, den zwei Jahre später der Untergang der »Titanic« hervorrief…. Um diese Zeit muß Spengler den Satz konzipiert haben: »Der Untergang des Abendlandes ist nichts Geringeres als das Problem der Zivilisation.« Seitdem hat sich die Bedrohung durch die technische Katastrophe immer enger dem Bewußtsein der Völker und der Einzelnen verknüpft. Ununterbrochen ist die Zahl der Opfer angewachsen, die so gebracht werden. Auch kollektive Vorgänge wie Kriege, Bürgerkriege und Großexperimente nehmen die Form der technischen Katastrophen an. Da liegt es nahe, daß auch der Weltuntergang in dieser Form begriffen wird.“
„Der Schwund, bis zum Überdruß als Nihilismus gesehen, bezeichnet und beschrieben, ist also durchgehend. Er betrifft nicht nur die Individuen, sondern auch ihre Konfigurationen und Bildungen. Unbestreitbar und nicht zu übersehen ist nur der technische Gewinn. In ihm verbergen sich andere Gefahren als die grob auf der Hand liegenden – so etwa die, daß der metaphysische Hunger in der Tat abstürbe und mit ihm die enge Verknüpfung von Glück und Freiheit, die heute noch unabdingbar scheint. Der »Letzte Mensch« würde dann als intelligenter Insektentypus die Welt bevölkern; seine Bauten und Kunstwerke würden Perfektion gewinnen, als Ziel des Fortschrittes und der Evolution, auf Kosten der Freiheit; sie würden wie Falterflügel oder Muschelschalen in großer, aber unfreier Pracht aus dem technischen Kollektiv hervorwachsen, vielleicht für Jahrtausende. Auch die Kunst würde sich von der Freiheit ablösen, könnte technisch produziert werden. Diese Absicht kündet sich unverkennbar in einer der Sprossen, der Augentriebe unseres Stammbaums an.“
„Die kollektive Macht des Staates kann helfen; Am wichtigsten ist jedoch die Selbsthilfekraft des Einzelnen.“
„Sind die Träume kollektiv und gesteuert, daß heißt Klischees, sind sie neben der lebendigen Realität überaus arm und eintönig. Für den wahren Träumer, den Poeten ist diese eine viel ergiebigere Quelle als ein abgedroschenes Wunder.“
„Der erotische Wortschatz des Mannes lehnt sich an die militärische Sprache an. Der Frau bleibt kein anderer Ausweg, als an ihrer Befreiung zu arbeiten. Diese Befreiung kann nur eine kollektive sein.“
„Wenn der Mann die Gesetze der Gemeinschaft übertritt, gehört er ihr weiter an: Er ist nur ein Enfant terrible, das die kollektive Ordnung nicht weiter bedroht. Wenn dagegen die Frau aus der Gesellschaft ausbricht, kehrt sie zur Natur, zum Dämonischen zurück und entfesselt im Schoß der Gemeinschaft unkontrollierbare, böse Kräfte.“
„Der Frau bleibt kein anderer Ausweg, als an ihrer Befreiung zu arbeiten. Diese Befreiung kann nur eine kollektive sein.“
„Eine objektive Person würde sagen, daß sie für Krieg nicht verantwortlich ist. Aber wer mit der Psychologie vertraut ist, weiß, daß jeder von uns verantwortlich ist, weil jeder von uns Feindseligkeit in sich hat, die dann in größere kollektive Feindseligkeit projiziert wird.“
„Im Grunde aber sind wir alle kollektive Wesen, wir mögen uns stellen, wie wir wollen. Denn wie weniges haben und sind wir, das wir im reinsten Sinne unser Eigentum nennen! Wir müssen alle empfangen und lernen, sowohl von denen, die vor uns waren, als von denen, die mit uns sind. Selbst das größte Genie würde nicht weit kommen, wenn es alles seinem eigenen Innern verdanken wollte.“