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„Wir wiederholen das, weil es hinsichtlich der den Staat als die Institution der Institutionen betreffenden Prognosen wichtig ist. Wenn es nämlich zutrifft, daß der Urgrund sich aufwölbt, so müßte notwendig die Bedeutung des Staates, wie die jeder Heroengründung, im Verhältnis abnehmen. Augenscheinlich ist aber das Gegenteil der Fall.“
„Daß darüber hinaus der Nihilismus sich sehr wohl mit den entleerten und zu reinen Apparaturen gewordenen Institutionen verträgt, hat die jüngste Erfahrung gezeigt. Er kann dort freilich immer nur interimistisch auftreten – so lange, wieAbräumung zum Weltplan gehört. Ist diese vollzogen, so endet auch sein Auftrag – das wird besonders deutlich in jenen Fällen, in denen er sich als Letzten selbst aus dem Weg räumt und tabula rasa hinterläßt.“
„Der morphologischen Feststellung, die auch in unserem Zeitalter Wiederkehrendes erblickt, kann nur mit Einschränkung zugestimmt werden – insofern nämlich als, falls es sich um Wiederkehrendes handelt, der Turnus der historischen Zyklen dafür zu kurz ist und somit unsere geschichtliche Erfahrung zum Wiedererkennen nicht genügt.“
„Der Anspruch auf den Vater geht den Ansprüchen an den Vater voraus. Dieser Anspruch bestand nicht nur dem Recht, sondern auch der Natur nach; die Stoiker haben das gut zum Ausdruck gebracht, indem sie sagten, daß die Natur verpflichtet sei, uns einen Vater zu geben – ob einen guten oder schlechten, das gehe bereits über ihre Verpflichtung und unsere Ansprüche hinaus. Im vorliegenden Falle geht es weder um einen guten noch um einen schlechten, weder um einen legitimen noch um einen illegitimen, sondern um den Vater und seine Zeugung überhaupt. Daher können auch weder moralische noch juristische Erwägungen das Novum befriedigend angreifen. Der Entscheidung bietet sich keine neue Moral- oder Rechts-, sondern eine neue Menschenkategorie dar, ein neuer Stand, dessen Entwicklung problematisch ist. Sie kann aber auch nicht auf diesen Stand beschränkt bleiben. Sein Erscheinen gehört vielmehr zu den sichtbaren Zeichen dafür, daß der Mensch als solcher in eine neue Phase eintritt, in eine Phase, in der nicht nur sein Recht, sondern auch seine Natur sich ändert und in der auch der Anspruch auf den Vater nicht mehr zu seinen natürlichen Voraussetzungen gehört – sei es, daß er sich seiner im Rahmen des Planes und seiner Willensfreiheit entäußert, sei es, daß zwingende Gesetze mitwirken.“
„Das war nicht immer der Fall. Wir nennen Herodot den »Vater derGeschichtschreibung«. In der Tat bietet er eine ungewöhnliche Lektüre; man durchwandert seine Bücher wie ein von der Morgenröte bestrahltes Land.“
„Sollte etwa der Einschnitt, der so offensichtlich unsere Jahre zeichnet, nicht nur zwei Epochen menschlicher Geschichte trennen, sondern zugleich sowohl den Ablauf als auch den Beginn eines größeren Zyklus ankünden? Das würde bedeuten, daß selbst zur Erfassung grober Fakten die Mittel der Geschichtsbetrachtung nicht ausreichen. Das würde bereits der Fall sein, wenn es sich um einen verhältnismäßig kleinen Zyklus, etwa von zehn- oder zwanzigtausend Jahren, handelte. Ein solcher Zyklus ist winzig, verglichen etwa mit einem indischen Götterjahr oder auch mit den Abläufen, die unsere Astronomie, Geologie oder Paläontologie berücksichtigen.“
„Beunruhigend im Sinne des Erstaunlichen und »Eintretenden« sind andere Wahrnehmungen, wie etwa, um ein Beispiel zu nennen, jene, daß sich die Spezies sowohl an sich als auch im Verhältnis der Geschlechter offensichtlich zu verändern beginnt, und das in einer Weise, für die es weder im historischen Nacheinander noch im ethnographischen Nebeneinander Vorgänge gibt. Das deutet auf Veränderungen, die im Turnus nicht zu belegen sind, falls sie sich nicht auf Kreisläufen abzeichnen, deren Bewegungen langfristiger als die der Kulturen oder überhaupt der Geschichtszeit sind.“
„Von einer rationalen Behandlung der Tatsachen dürfen wir uns auf alle Fälle mehr versprechen als von der moralischen. Daß das Moralische sich von selbst verstehe, ist ein gutes Wort. Außerdem liegt das Moralische dichter an den Leidenschaften als die Vernunft. Der Mensch hat zu allen Zeiten ziemlich genau gewußt, was gut und was böse ist, aber durchaus nicht immer das Vernünftige erkannt. Das gilt vor allem dort, wo der Gang der Tatsachen schneller ist als ihre Erfassung und wo eine Überraschung die andere jagt. Wenn der Geist sie als unsinnig empfindet, bekennt er, daß er nicht Schritt gehalten, daß er die Herrschaft verloren hat. Das bedeutet nicht, daß die Tatsachen nicht auch ihr Ziel haben. Daher werden sie auch heute unterhalb der Konflikte, unterhalb der moralischen Erwägung und der Panik vom Menschen bejaht. Sie sind objektivierter Geist, und daher genießen sie mehr oder minder verborgene Sanktion.“
„Von einer rationalen Behandlung der Tatsachen dürfen wir uns auf alle Fälle mehr versprechen als von der moralischen. Daß das Moralische sich von selbst verstehe, ist ein gutes Wort. Außerdem liegt das Moralische dichter an den Leidenschaften als die Vernunft. Der Mensch hat zu allen Zeiten ziemlich genau gewußt, was gut und was böse ist, aber durchaus nicht immer das Vernünftige erkannt. Das gilt vor allem dort, wo der Gang der Tatsachen schneller ist als ihre Erfassung und wo eine Überraschung die andere jagt. Wenn der Geist sie als unsinnig empfindet, bekennt er, daß er nicht Schritt gehalten, daß er die Herrschaftverloren hat. Es hat seine Logik, daß hier weder Mühen noch Milliarden gespart werden. Der Wettlauf wird auf größte Entfernungen und um geringsten Zeitgewinn geführt. Die Raumfahrt ist eines der Indizien dafür, daß der Arbeiter in den Herrenstand getreten ist. Sie gehört zu seinen Vergnügungen, wie früher Krieg und Architektur zu denen der Könige.“
„Nach dem Erdbeben schlägt man auf die Seismographen ein. Man kann jedoch die Barometer nicht für die Taifune büßen lassen, falls man nicht zu den Primitiven zählen will.“
„Noch viele Felder ließen sich nennen, auf denen der Schwund ganz deutlich wird, wie etwa das der Kunst oder des Erotischen. Es handelt sich eben um einen Prozeß, der das Ganze angreift und endlich zu höchst sparsamen, grauen oder auch ausgebrannten Landschaften führt. Im besten Falle treibt der Kristallismus hervor. Das EigentÜmliche daran ist nicht das Neuartige. Es ist vielmehr das weithin die Welt Umfassende. Zum ersten Male beobachten wir Nihilismus als Stil.“
„Ganz eng verbunden mit diesem Ablauf, in dem der Staat zum nihilistischen Objekt wird, ist das Auftreten großstädtischer Massenparteien, die sowohl rational als leidenschaftlich vorgehen. Im Falle des Erfolges können sie dem Staat so ähnlich werden, daß zwischen beiden schwer zu unterscheiden ist. Die siegreiche Macht im Bürgerkriege bildet Organe, die denen des Staates korrespondieren, sei es zur Infiltration oder nach Art der Saugnäpfe. Endlich kommt es zu neuen Verwachsungen.“
„Der Mangel wird dort am wenigsten spürbar werden, wo Gottesdienst genügt – im orthodoxen Kern. Er ist vielleicht der einzige, der die Linie unzersetzt passiert, oder, wenn erzersetzt wird, ungeheure Veränderungen bringt. Der Mangel wird auch bei den Protestanten stärker als bei den Katholiken auftreten, daher wird auch bei ihnen das Streben stärker auf den weltlichen Umtrieb und die Wohlfahrt gerichtetsein. Den geistigen Spitzen wird die Entscheidung in keinem Falle abzunehmen sein. Das treibt dazu, daß theologische Themen immer stärker in die Literatur eindringen.“
„Wer einmal den Brand einer Hauptstadt, den Einmarsch östlicher Heere erlebt hat, der wird nie ein waches Mißtrauen verlieren gegenüber allem, was man besitzen kann. Das kommt ihm zugute, denn er wird zu jenen zählen, die ohne allzu großes Bedauern ihrem Hofe, ihrem Hause, ihrer Bibliothek den Rücken kehren, falls es nötig wird. Ja er wird merken, daß damit zugleich ein Akt der Freiheit verbunden ist. Nur wer sich umblickt, erleidet das Schicksal von Lots Weib.“
„Der Optimismus oder auch der Pessimismus einer solchen Antwort rankt sich zwar an Beweisen, doch gründet er sich nicht auf sie. Es handelt sich um verschiedene Ränge; dem Optimismus verleiht die Tiefe, und dem Beweis die Klarheit die überzeugungskraft. Der Optimismus kann Schichten erreichen, in denen die Zukunft schlummert und befruchtet wird. In diesem Falle begegnet man ihm als einem Wissen, das tiefer reicht als die Gewalt der Tatsachen -ja, das Tatsachen schaffen kann. Sein Schwerpunkt liegt eher im Charakter als in der Welt. Ein so fundierter Optimismus ist an sich zu schätzen, insofern seinen Träger ja der Wille, die Hoffnung und auch die Aussicht beleben muß, im Wandel der Geschichte und ihrer Gefahren zu bestehen. Darin liegt viel.“
„Zum Mythischen kehrt man nicht zurück, man begegnet ihm wieder, wenn die Zeit in ihrem Gefüge wankt, und im Bannkreis der höchsten Gefahr. Auch heißt es nicht, der Weinstock oder — sondern es heißt: der Weinstock und das Schiff. Es wächst die Zahl derjenigen, die das Schiff verlassen wollen und unter denen auch scharfe Köpfe und gute Geister sind. Im Grunde heißt das, auf hoher See aussteigen. Dann kommen der Hunger, der Kannibalismus und die Haifische, kurz, alle Schrecken, die uns vom Floße der »Medusa« berichtet sind. Es ist daher auf alle Fälle rätlich, an Bord und auf Deck zubleiben, selbst auf die Gefahr hin, daß man mit in die Luftfliegen wird.“
„Das gleiche gilt im Geistigen. Indem man die äußersten Bahnen übersinnt, vernachlässigt man die Fahrwege. Auch hier indessen schließt das eine das andere nicht aus. Vielmehr gebietet die Vernunft, die möglichen Fälle in ihrer Gesamtheit zu überlegen und auf jeden die Antwort bereitzuhalten wie eine Reihe von Schachzügen.“
„Man hätte indessen mit diesem Teil der Aufgabe nicht beginnen können, denn das Notwendige wird zuerst gesetzt. Es mag als Zwang, als Krankheit, als Chaos, ja selbst als Tod an uns herantreten — in jedem Falle will es als Aufgabe begriffen sein.“
„Die Lehre vom Walde ist uralt wie die menschliche Geschichte, ja älter als sie. Sie findet sich bereits in den ehrwürdigen Urkunden, die wir zum Teil erst heute zu entziffern verstehen. Sie bildet das große Thema der Märchen, der Sagen, der heiligen Texte und Mysterien. Wenn wir das Märchen der Steinzeit, den Mythos der Bronzezeit und die Geschichte der Eisenzeit zuordnen, so werden wir überall auf diese Lehre stoßen, falls unsere Augen dafür geöffnet sind. Wir werden sie in unserer uranischen Epoche wiederfinden, die man als Strahlungszeit bezeichnen kann.“
„Ganz sichtbar bewegen wir uns aus den Nationalstaaten, ja aus den Großräumen heraus zu planetarischen Ordnungen. Diese sind durch Verträge zu erreichen, falls nur die Partner den Willen dazu haben, wie es vor allem eine Lockerung der Souveränitätsansprüche zu erweisen hätte – denn im Verzicht verbirgt sich die Fruchtbarkeit. Es gibt Ideen, und es gibt auch Tatsachen, auf denen ein großer Friede errichtet werden kann. Das setzt voraus, daß man die Grenzen achtet; Annektion von Provinzen, Bevölkerungsabschub, Errichtung von Korridoren und Trennung nach Breitengraden verewigen die Gewalt. Es ist daher ein Vorteil, daß es zum Frieden noch nicht gediehen ist und damit das Ungeheuerliche noch der Sanktion entbehrt.“
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