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„Der Arbeiter ist ein Titan und damit Sohn der Erde; er folgt, wie Nietzsche es ausdrückt, ihrem Sinn, und zwar auch dort, wo er sie zu zerstören scheint. Der Vulkanismus wird zunehmen. Die Erde wird nicht nur neue Arten, sondern neue Gattungen hervorbringen. Der Übermensch zählt noch zu den Spezies.“
„Wir berühren die Gene der Pflanzen, der Tiere und auch des Menschen vorerst wie Einzelsteinchen, wie Tasten eines Instruments, doch ist vorauszusehen, daß es bei diesem Spiel zu ungeahnten Kompositionen kommen wird. Vorerst scheint die Konstanz, die genetische Unantastbarkeit der Arten nochdurch sehr starke Riegel geschützt. Sie würden wohl kaum zu brechen sein, wennnicht das Ungesonderte von der anderen Seite der Mauer aus mit anhöbe. Wenn hier die Sonderungen fallen, werden Dinge möglich, von denen man sich auchheute noch nichts träumen läßt.“
„Erstarrung droht heute durch die Ratio mit ihrer präzisen, unbarmherzigenMaßgebung, vor allem im technischen Bereich. Der Vergleich mit dem Insektenreich und insbesondere mit seinen staatenbildenden Arten liegt daher nah. Er gibt einen guten Beleg für die erwähnte Wiederkehr der Prinzipien.“
„Inwiefern ist der Mensch für seine Evolution verantwortlich? Inwieweit kann erkontrollieren, ob, vor allem hinsichtlich der Freiheit, sein Fortschreiten ein Aufwärtsschreiten, ein Stillstand oder ein Rückschreiten ist? Und woran kann dieseVerantwortung sich heften inmitten der Einsamkeit der Wüste, im götterleeren Raum? Erwägungen, Hoffnungen, Befürchtungen, Konzepte dieser Art haben Nietzsche als ersten bewegt und heftig erschüttert; das war sein Schicksal, bleibt sein Verdienst. Die Verantwortung behielt er dem »höheren« Menschen vor.“
„Der Geschichtsphilosoph dagegen beschäftigt sich mit einem Reich, in dem die Zeit gerichtet abläuft; er muß die Freiheit auf die Zeit beziehen und auf die Art, inder sie sichtbar wird. Fortschreiten kann für ihn im wesentlichen nur ein Fortschreiten in der Freiheit sein. Das ist die große Evolution, die das rechtliche, politische, ökonomische Fortschreiten fundiert. Der Freiheit folgen Freiheiten.“
„Gewiß wird das hier früher, dort später offenbar. Das läßt sich schon bei Ortswechseln beobachten. In Städten und Landschaften, in denen sich die speziellen Arbeitscharaktere der Perfektion nähern, verändert sich deutlich außer der Lebensform und -führung der Habitus, und zwar nicht nur physiognomisch und charakterologisch, sondern auch auf anthropologisch meßbare Art. Wie etwa im Zuge der Klimaänderung das Abschmelzen der Gletscher meßbar geworden ist, so sind es hier anatomische und morphologische Details, vom Psychologischen ganz abgesehen.“
„Allerdings ist es vielleichter, einem denkenden Menschen einen neuen Gedanken mitzuteilen als die Ansicht eines Bildes, das überraschend erscheint. Er sieht dasselbe, doch nicht auf gleiche Art. Das gilt auch für Köpfe vom Range Oswald Spenglers, wie ich durch einen Brief vom 25. September 1932 erfuhr, der inzwischen in seiner Korrespondenz veröffentlicht worden ist. Er beurteilte darin den »Arbeiter« vom antimarxistischen, also von einem überholten, Standort aus, indem er sich speziell auf den Bauern und dessen Zukunft berief. Das war wohl mehr als eine Generationsfrage. Es ist ein Unterschied von Anbeginn, ob man Ideen oder Gestalten sieht. Dessen haben mich die dreißig J ahre, die seit dem Erscheinen des Buches verstrichen sind, zur Genüge belehrt.“
„Es fragt sich nun: Hat auch dieses Licht seine Zeit? Stehen wir in einer ähnlichen Wende wie Herodot oder in einer noch bedeutsameren? Sind die Ereignisse, die sich darbieten, nicht mehr auf jene Art verknüpft, die wir gewöhnt sind, Geschichte zu nennen, sondern auf eine andere, die wir noch nicht benannt haben?“
„Vor ihm war etwas anderes, war mythische Nacht. Diese Nacht war aber nicht dunkel, sondern eher Traum und kannte eine andere Verknüpfung der Menschen und Ereignisse als das historische Bewußtsein und seine sondernde Kraft. Das bringt die Morgenröte in Herodots Werk. Er steht auf dem Grat eines Gebirges, dasTag und Nacht trennt: nicht nur zwei Zeiten, sondern zwei Zeitarten, zwei Arten von Licht.“
„Die groben Einbrüche, die an vielen Stellen die Geschichtslandschaften in elementare verwandeln, verhüllen Veränderungen feinerer, aber durchdringenderer Art. Bedenklicher ist, daß sich der Mensch in seinem Wesen, als Wesen, zu verändern beginnt. Es tritt etwas Neues und Fremdartiges in ihn ein, und zwar generell, über Nationen, Rassen und Bildungsstufen hinweg, auf planetarische Art. Diese Veränderungen sind unsichtbarer als die der Technik, obwohl sie mit ihrzusammenhängen, und sind ursächlicher.“
„Wir wollen zunächst von Art und Schwere dieser Verletzungen und von der naheliegenden Frage, ob sie heilbar sind oder nicht, absehen und uns mit ihrem Sinn beschäftigen. Im besonderen ist zu erwägen, ob es sich um eine Wiederkehr handelt, etwa um die Wiederkehr mythischer Mächte, die unter Verhüllungen in die zerbröckelnde Geschichtswelt und ihre Lücken eindringen, oder ob diese Möglichkeit ausgeschlossen ist.“
„Der faustische Plan zerstört in seinem Fortschreiten die Hütte von Philemon und Baucismit den Linden davor. Diese Vernichtung ist hinreichend beschrieben, beklagt, als unvermeidlich erkannt worden. Wir wissen heute, wie es schon Goethe wußte, daß auch Philemons Rat sie nicht aufhalten kann: »Laßt uns läuten, knieen, beten // Und dem alten Gott vertraun.« Fausts Mißbehagen an der Hütte ist nicht nur rational, es ist spezifisch, ihn verdrießt die alte Art. Mephisto als sein Gehilfe vernichtet sie. Fausts Absicht ist, anstelle der alten Linden eine Warte zu errichten, »um ins Unendliche zu schaun«.“
„Die Auffassung über die Art und Reihenfolge, in der sich die Passagiere ablösen, kann davon unberührt bleiben. Dem entspricht, daß Darwins Theorie auch heutenoch im wesentlichen als unerschüttert gilt. Ebenso unerschüttert bleibt die bereits von Schopenhauer an ihr vollzogene metaphysische Kritik.“
„Die Einteilung der Alten in ein goldenes, silbernes, erzenes und eisernes Zeitalter bezieht sich nicht auf die Metalle im materiellen Sinn. Sie ist eher der Art verwandt, in der die Alchimisten oder auch die Astrologen von den Metallen sprechen: die Eigenschaften sind Tugenden des Seins. Wir sagen noch heute: »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold«. Es handelt sich bei dieser Einteilung im Grunde um vier Jahreszeiten eines Weltalters von abnehmender Kraft. Gold ist hier Göttliches. Es bleibt in jeder Form Gold, was aus Gold besteht: »Nichts Göttliches in dem, // Was aus ihm ward, vergeht.« (Shankara). Auch der Brahmane kennt solche Weltalter von ungeheurer Ausdehnung, die durch partielle Weltuntergänge getrennt sind und von denen jedes seine Morgen- und seine Abenddämmerung besitzt. Jedes hat seinen eigenen Götterhimmel, sein neues Menschengeschlecht.“
„Die Technik erhält ja überhaupt ihre Bedeutung erst dadurch, daß sie die Art und Weise ist, in der die Gestalt des Arbeiters die Welt mobilisiert.“
„Es gibt keinen triftigen Grund, der der Annahme entgegensteht, daß sich eines Tages eine Konstanz der Mittel ergeben wird. Eine solche Beständigkeit durch lange Zeiträume hindurch ist vielmehr die Regel, während das fieberhafte Tempo der Veränderung, in dem wir uns befinden, ohne geschichtliches Beispiel ist. Die Dauer dieser Art von Veränderlichkeit ist begrenzt, sei es, daß der ihr zugrunde liegende Wille zerbricht, sei es, daß er seine Ziele erreicht. Da wir solche Ziele zu sehen glauben, ist die Betrachtung der ersten Möglichkeit für uns bedeutungslos.“
„Die Technik ist die Art und Weise, in der die Gestalt des Arbeiters die Welt mobilisiert.“
„Auch am Materialismus ist zu unterscheiden zwischen seiner sichtbaren und seiner unsichtbaren Macht, zwischen seiner Oberflächen- und seiner Grundströmung, zwischen der Art, in der er durch Menschen vertreten und begründet wird, und seinem schicksalhaften Zug. Die große Gewalt, mit der er auf dem Erdkreis »mit dem Hammer« die alten Gesetze bricht, deutet auf einen stärkeren Auftrag als den rationalen hin. Daraus eben erklärt sich, daß er mit stets wachsender Gewalt seinen Siegeszug fortsetzt, obwohl die Theorien, die ihn vertreten, so oft und so gründlich durch glänzende konservative Geister widerlegt worden sind. Aber widerlegt man denn ein Erdbeben? Eher baut man die Städte um. Hier wiederholt sich das Schauspiel, daß der Geist, und insbesondere der gebildete Geist, eine Veränderung deshalb unterschätzt, weil sie nicht in seine Kategorien paßt. Aber er kann nicht durchdringen, weil die Kategorien selbst, etwa seine Kultur oder sein Geschichtsbild, erschüttert sind. Nun greifen die bewährten Mittel nicht mehr. So sah der Mandarin die weißen Teufel in den Häfen landen, so sah dergebildete Grieche die ersten Christen, das Zeichen des Fisches, an.“
„Die revolutionären Mittel, die der Arbeiter legitimiert, sind bedeutender als abstrakt-geistige Mittel: sie sind gegenständlicher Art. Die Aufgabe des Arbeiters besteht in der Legitimation der technischen Mittel, durch die die Welt mobilisiert, das heißt, in den Zustand einer uferlosen Bewegung versetzt worden ist. Das reine Vorhandensein dieser Mittel steht zum bürgerlichen Freiheitsbegriff und den ihm angemessenen Lebensformen in einem wachsenden Gegensatz; es erfordert die Bändigung durch eine ihrer Sprache gewachsene Kraft. Wir haben es hier mit einer jener großen stofflichen Revolutionen zu tun, die mit dem Auftreten von Rassen zusammenfallen, denen der Zauber neuer Mittel wie der Bronze, des Eisens, des Pferdes, des Segels zur Verfügung steht. Ebenso wie das Pferd erst durch den Ritter, das Eisen durch den Schmied, das Schiff durch jene »dreifach mit Erz gepanzerte Brust« ihre Bedeutung gewinnen, so tritt auch der Sinn, die Metaphysik des technischen Instrumentariums erst dann hervor, wenn die Rasse des Arbeiters alsdie ihm zugeordnete Größe erscheint.“
„Diese Selbstzersetzung der alten Gesellschaft kommt allerdings dem Bürger ebenso zugute wie später die Zersetzung der bürgerlichen Gesellschaft dem Arbeiter. Wenn man auch hierin eine Waffe erblicken will, so ist das zulässig nach dem Grundsatze, daß alles von Vorteil ist, was den Gegner zu schädigen vermag. Das angewandte Verfahren stößt freilich nicht aus der Zone der Zerstörung in die der Herrschaft hinaus. Die ihm zugrunde liegenden Prinzipien, etwa das der Gleichheit oder der Teilung, sind lediglich nivellierender Art; sie beziehen sich auf den gegebenen Gesellschaftsbestand.“
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