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Verwandt mit: arbeit
„Zunächst muß das Wort »Arbeiter« neu konzipiert, es muß in und hinter ihm die Mutation erkannt werden, die viele Begriffe und Einrichtungen des 19. Jahrhunderts erleiden – eine Verwandlung, die der Entfaltung der Imago aus der Puppe gleicht.“
„Wo der Arbeiter zur Herrschaft vordringt, werden die Dinge einfacher. Es sei daran erinnert, daß unter diesem Worte keine empirisch-historische Größe verstanden wird, sondern eine metaphysische Gestalt. Sie prägt die neue Welt und ihre Formen in einem Auftrag, der zunächst nur aus den Übergängen zu erraten ist, aus der Werkstättenlandschaft, den Plänen der Bauhütte. Oder, um auf das Bild des Zuges zurückzugreifen: der rasche Wechsel der Perspektive erklärt sich daraus, daß wir in Fahrt gekommen sind. Ein solches Zeitalter kann nicht ohne Zerstörung sein. Daher gehört der Schmerz zu seinen Kennzeichen. Er gibt der Bewegung Widerstand und Schatten, baut Opfer in die Fundamente, erteilt Sanktionen und tritt auf Strecken in die Stelleder Werte ein.“
„Hesiod berichtet von Zeiten großen Überflusses, in denen ein Tag der Arbeit für ein Jahr der Ernte ausreichte. Auch in dieser Hinsicht nähert sich die Steinzeit am ersten dem Goldenen Zeitalter. Das beruht nicht auf der geringeren Zahl derMenschen, bei der ein größerer Anteil am Segen der Erde auf den Einzelnen entfiel. Die geringe Zahl gehört allerdings zum Bilde des Zeitalters, wie zu dem des unserendie Milliardenbevölkerung. Es beruht auch nicht auf dem besseren Klima und seiner Fruchtbarkeit. Wohl dürfen wir hier an Gewächse denken wie an den Brotbaum Polynesiens, der eine Familie ernährt, an die Banane, Musa paradisiaca, deren Früchte von den Entdeckern auch Adams- oder Paradiesfeigen genannt wurden, auch an den Mais mit seiner Riesenähre – an Zeugen eines reicheren Wachstums, die wie Zweige über die Mauer eines alten Gartens in unsere Zeit hereinragen. Wir müssen aber auch die unerschöpflichen Herden an den waldlosen Rändern der großen Vereisungen dazurechnen. Auch sie ragen in die Gegenwart hinein, als die gewaltigen Büffelherden der nordamerikanischen Prärien, die Rentierherdender Tundren und die Vogelberge der Arktis; dazu passen die Ströme, in denen der Lachs Rücken an Rücken steht.“
„Von einer rationalen Behandlung der Tatsachen dürfen wir uns auf alle Fälle mehr versprechen als von der moralischen. Daß das Moralische sich von selbst verstehe, ist ein gutes Wort. Außerdem liegt das Moralische dichter an den Leidenschaften als die Vernunft. Der Mensch hat zu allen Zeiten ziemlich genau gewußt, was gut und was böse ist, aber durchaus nicht immer das Vernünftige erkannt. Das gilt vor allem dort, wo der Gang der Tatsachen schneller ist als ihre Erfassung und wo eine Überraschung die andere jagt. Wenn der Geist sie als unsinnig empfindet, bekennt er, daß er nicht Schritt gehalten, daß er die Herrschaftverloren hat. Es hat seine Logik, daß hier weder Mühen noch Milliarden gespart werden. Der Wettlauf wird auf größte Entfernungen und um geringsten Zeitgewinn geführt. Die Raumfahrt ist eines der Indizien dafür, daß der Arbeiter in den Herrenstand getreten ist. Sie gehört zu seinen Vergnügungen, wie früher Krieg und Architektur zu denen der Könige.“
„In den Eingangssätzen des »Willens zur Macht“ bezeichnet Nietzsche sich als »den ersten vollkommenen Nihilisten Europas, der aber den Nihilismus selbst schon in sich zu Ende gelebt hat, – der ihn hinter sich, unter sich, außer sich hat«. Gleich darauf folgt die Bemerkung, daß sich in seiner Arbeit bereits eine Gegenbewegung ankünde, welche »in irgendeiner Zukunft« jenen vollkommenen Nihilismus ablösen werde, wenngleich sie ihn als notwendig voraussetze. Obwohl seit der Konzeption dieser Gedanken mehr als sechzig Jahre verflossen sind, wirken sie noch immer erregend auf uns, als Sätze, die sich mit unserem Schicksal beschäftigen. Sie füllten sich inzwischen mit Inhalt, mit gelebtem Leben, mit Taten und Schmerzen an. Das geistige Abenteuer bestätigte und wiederholte sich in der Wirklichkeit. Wenn wir von unserem erreichten Standort auf jene Aussage zurückblicken, scheint sich ein Optimismus in ihr auszudrücken, der späteren Betrachtern fehlt. Der Nihilismus wird also nicht als Ende angesehen, sondern vielmehr als Phase eines ihn umfassenden geistigen Vorganges, wie sie nicht nur die Kultur in ihrem geschichtlichen Verlaufe, sondern auch der Einzelne in seiner persönlichen Existenz in sich zu überwinden und auszutragen oder vielleicht auch wie eine Narbe zu überwachsen vermag.“
„Die revolutionären Mittel, die der Arbeiter legitimiert, sind bedeutender als abstrakt-geistige Mittel: sie sind gegenständlicher Art. Die Aufgabe des Arbeiters besteht in der Legitimation der technischen Mittel, durch die die Welt mobilisiert, das heißt, in den Zustand einer uferlosen Bewegung versetzt worden ist. Das reine Vorhandensein dieser Mittel steht zum bürgerlichen Freiheitsbegriff und den ihm angemessenen Lebensformen in einem wachsenden Gegensatz; es erfordert die Bändigung durch eine ihrer Sprache gewachsene Kraft. Wir haben es hier mit einer jener großen stofflichen Revolutionen zu tun, die mit dem Auftreten von Rassen zusammenfallen, denen der Zauber neuer Mittel wie der Bronze, des Eisens, des Pferdes, des Segels zur Verfügung steht. Ebenso wie das Pferd erst durch den Ritter, das Eisen durch den Schmied, das Schiff durch jene »dreifach mit Erz gepanzerte Brust« ihre Bedeutung gewinnen, so tritt auch der Sinn, die Metaphysik des technischen Instrumentariums erst dann hervor, wenn die Rasse des Arbeiters alsdie ihm zugeordnete Größe erscheint.“
„Diese Selbstzersetzung der alten Gesellschaft kommt allerdings dem Bürger ebenso zugute wie später die Zersetzung der bürgerlichen Gesellschaft dem Arbeiter. Wenn man auch hierin eine Waffe erblicken will, so ist das zulässig nach dem Grundsatze, daß alles von Vorteil ist, was den Gegner zu schädigen vermag. Das angewandte Verfahren stößt freilich nicht aus der Zone der Zerstörung in die der Herrschaft hinaus. Die ihm zugrunde liegenden Prinzipien, etwa das der Gleichheit oder der Teilung, sind lediglich nivellierender Art; sie beziehen sich auf den gegebenen Gesellschaftsbestand.“
„Es wäre irrig, anzunehmen, daß die entsprechenden Zerstörungsmittel für den Arbeiter in den großen sozialen und ökonomischen Theorien zu suchen sind. Wir führten vielmehr bereits aus, daß in ihnen lediglich eine Fortsetzung der Arbeit der bürgerlichen Vernunft zu erblicken ist. Diese Theorien sind viel weniger zu vergleichen der Neuentdeckung des Menschen im 18. Jahrhundert als dem aristokratischen Rationalismus, durch den sich die Schicht, gegen welche diese Entdeckung gerichtet ist, gleichzeitig aus sich selbst heraus zersetzt.“
„Man beginnt endlich zu sehen, daß hier ein sehr gleichartiges Menschentum an der Arbeit ist und daß der Vorgang des Meinungskampfes als ein Schauspiel erkannt werden muß, das das bürgerliche Individuum mit verteilten Rollen spielt. Alle diese Leute sind radikal, das heißt: langweilig, und ihre gemeinsame Ernährungsweise besteht ohne Unterschied in der Ausmünzung von Tatsachen zu Meinungen. Ihr gemeinsamer Stil ist zu definieren als ein einfältiger Jubel über irgendeinen Standpunkt, irgendeine Perspektive, die ihnen allein eigentümlich ist – also als das Gefühl des einmaligen Erlebnisses in seiner billigsten Form.“
„Das Maß der Freiheit des Einzelnen entspricht genau dem Maße, in dem er Arbeiter ist. Arbeiter, Vertreter einer großen, in die Geschichte eintretenden Gestalt zu sein, bedeutet, Anteil zu haben an einem neuen, vom Schicksal zur Herrschaft bestimmten Menschentum.“
„Im Arbeiter entfaltet sich das tätige Prinzip in dem Versuch, das Universum auf neue Weise zu durchdringen und zu beherrschen, Nähen und Fernen zu erreichen, die noch kein Auge sah, Gewalten zu gebieten, die noch niemand entfesselte. Der Unbekannte Soldat steht auf der Schattenseite der Aktionen, als Opfergänger, der in den großen Feuerwüsten die Lasten trägt und der als guter, einender Geist nicht allein innerhalb der Völker, sondern auch zwischen ihnen beschworen wird. Er ist der Sohn der Erde unmittelbar.“
„Wir nannten den Arbeiter und den Unbekannten Soldaten als zwei der großen Gestalten unserer Zeit. Im Waldgänger erfassen wir eine dritte, die immer deutlicher erscheint.“
„Dem Unterschiede der angewandten Mittel entspricht der Unterschied in der Einrichtung und Besitzergreifung der eroberten Welt. Für den Bürger vollzieht sich dieser Vorgang in der geistigen Konstruktion von Verfassungen, in denen dieselbe Vernunft, die die alte Gesellschaft zerstörte, als Fundament und Grundmaß einer neuen erscheint. Für den Arbeiter stellt sich die entsprechende Aufgabe dar als die organische Konstruktion der in eine uferlose Bewegung geratenen Massen und Energien, die der Zersetzungsprozeß der bürgerlichen Gesellschaft hinterlassen hat. Der Rahmen, in den die Freiheit des Handelns eingeschlossen wird, ist hier nicht mehr die bürgerliche Verfassung, sondern der Arbeitsplan. Wie der Bürger zunächst den absoluten Staat als Feld der Tätigkeit vorfindet, so vollziehen sich die ersten Bewegungen des Arbeiters innerhalb der Grenzen der nationalen Demokratie, deren Mittel den beiden Trägern der bürgerlichen Gesellschaft, also dem Individuum und der Masse, zu entwinden sind.“
„Inwiefern ist Freiheitwünschbar, ja überhaupt sinnvoll innerhalb unserer historischen Lage und ihrer Eigenart? Liegt denn nicht ein besonderes und leicht zu unterschätzendes Verdienst des Menschen dieser Zeit gerade darin, daß er in weitem Umfang auf Freiheit zu verzichten weiß? In vielem gleicht er einem Soldaten auf dem Marsche zu unbekannten Zielen oder dem Arbeiter an einem Palast, den andere bewohnen werden; und das ist nicht sein schlechtester Aspekt. Soll man ihn ablenken, solange die Bewegung im Gange ist?“
„Der Mensch, der keine Zeit hat – und das ist eines unserer Kennzeichen – kann schwerlich Glück haben. Notwendig verschließen sich ihm große Quellen und Mächte wie die der Muße, des Glaubens, der Schönheit in Kunst und Natur. Damit entgeht ihm die Krönung, der Segen der Arbeit, der in Nicht-Arbeit, und die Ergänzung, der Sinn des Wissens, der im Nicht-Wissen liegt. Das wird im Absinken dessen, was wir Kultur nennen, unmittelbar anschaulich.“
„Jedes träge Volk ist ernst; denn die, welche nicht arbeiten, betrachten sich als die Gebieter derer, die arbeiten.“
„Deshalb heißt Sozialismus vor allem, zu wissen, was man nicht will, wovon man sich befreien will: von einer Lebensform, in der alle Lebensfragen solange umdefiniert werden, bis sie in das Muster abstrakter Arbeit industrieller und gewinnorientierter, bürokratischer und herrschaftsorientierter Prägung hineinpassen.“
„Ich könnte nicht an Projekten arbeiten, die nur deshalb für einige nützlich sind, weil sie anderen schaden.“
„Wer es einmal so weit gebracht hat, daß er nicht mehr irrt, der hat auch zu arbeiten aufgehört.“
„Es ist im Allgemeinen üblich, daß der Autor einer wissenschaftlichen Arbeit auf der letzten Seite eine Liste der Bücher gibt, die er gelesen hat. Er tut das, damit man weiß, daß er sich nichts in seinem eigenen Kopf ausgedacht, sondern alles wahrheitsgetreu und gewissenhaft aus schon Vorhandenem abgeschrieben hat.“
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