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Margaret Atwood
Zitate
„Ich wußte, daß mich meine Mutter, wenn ich oben angekommen war, fragen würde, was ich zu Mittag essen wollte, was mich schrecklich wütend machen würde. Ich wußte nie, was ich zum Mittagessen wollte, aber wenn ich es wußte, gab es immer etwas ganz anderes. Es wäre mir nie in den Sinn gekommen, daß meine Mutter die Mahlzeiten noch langweiliger fand als ich, denn sie mußte sie ja zubereiten, oder daß sie mich mit ihrer Fragerei vielleicht bloß um Hilfe bat.“
„Einige dieser Geschichten dürfen nicht an meinen Vater weitergegeben werden, weil sie ihn aufregen würden. Denn man weiß ja, daß Frauen mit diesen Dingen besser umgehen können als Männer. Männer sollten nichts erzählt bekommen, was sie als zu schmerzhaft empfinden könnten; die geheimen Tiefen der menschlichen Natur, die häßlichen materialistischen Dinge könnten sie übermannen und ihnen Schaden zufügen. So zum Beispiel fallen Männer oft beim Anblick ihres eigenen Bluts in Ohnmacht, weil sie nicht daran gewöhnt sind. Aus diesem Grund sollte man sich auch beim Blutspenden in der Rot-Kreuz-Klinik in der Schlange nie hinter einen Mann stellen. Aus irgendeinem geheimnisvollen Grund finden die Männer das Leben viel schwieriger als die Frauen. (Das glaubt meine Mutter trotz der gefangenen, kranken, verschwundenen oder verlassenen weiblichen Körper, die durch ihre Geschichten geistern.) Männern muß es erlaubt sein, in einem Sandkasten ihrer eigenen Wahl zu spielen, so glücklich wie sie nur können, ohne dabei gestört zu werden, weil sie sonst zu nörgeln anfangen und ihr Essen stehen lassen. Es gibt alle möglichen Dinge, die Männer einfach nicht verstehen können, weil sie nicht dafür geschaffen sind, warum es also von ihnen erwarten? Nicht alle teilen diese Meinung über Männer; trotzdem hat sie sich als nützlich erwiesen.“
„Das Vergessen war absichtlich: Es war dasselbe wie Sich-Erinnern, nur das Gegenteil.“
„Wir waren die Leute, über die nichts in der Zeitung stand. Wir lebten auf den leeren weißen Stellen, an den Rändern. Das gab uns mehr Freiheit.Wir lebten in den Lücken zwischen den Geschichten.“
„Ich höre die Stimmen der anderen und das Mischen und Aufklatschen von Karten durch die geschlossene Tür. Das Lachen aus der Konserve, sie führen es mit sich; winzige Tonbandspulen und eine Einschalttaste sind irgendwo in ihrem Brustkasten versteckt, sie sorgen für sofortige Wiedergabe.“
„Er liebte mich nicht, er liebte das Bild, das er von sich hatte, und er wollte, daß ihn jemand darin bestätigte, jede wäre ihm recht, ich war nicht wichtig, also brauchte ich mir um ihn auch keine Gedanken zu machen.“
„Ignorieren ist nicht das gleiche wie Ignoranz, man muß etwas dazu tun.“
„Sie machte sich Gedanken darüber, wie man sich keine Gedanken macht.“
„Warum hatten sie ihn aufgehängt wie ein Lynchopfer, warum hatten sie ihn nicht einfach weggeworfen wie den Abfall? Um zu beweisen, daß sie es tun konnten, daß sie die Macht hatten, zu töten. Sonst hatte er keinen Wert: aus der Entfernung war er schön, aber man konnte ihn nicht zähmen oder kochen oder ihm Sprechen beibringen; das einzige Verhältnis, das sie zu so einem Tier haben konnten, war, es zu vernichten. Nahrung, Sklave oder Kadaver, das waren die einzigen Möglichkeiten; abgesägte Köpfe mit Hörnern oder Hauern an der Wand von Billardzimmern, präparierte Fische, Trophäen.“
„Mir war nicht schrecklich zumute; ich war mir klar darüber, daß mich nicht mehr viel berührte, schon seit langer Zeit nicht mehr. Vielleicht war ich schon mein ganzes Leben lang so gewesen, genau wie manche Kinder taub oder ohne Tastsinn geboren werden; aber wenn das der Fall gewesen wäre, hätte ich das Fehlen von Gefühlen nicht bemerkt. Irgendwann mußte sich mein Hals geschlossen haben wie ein zufrierender Teich oder eine vernarbende Wunde und hatte mich in meinem Kopf eingeschlossen. Seitdem war alles von mir abgeprallt, es war, als steckte ich in einer Vase. Es war wie früher im Dorf, wo ich sehen, aber nicht hören konnte, weil ich die Sprache nicht verstand. Flaschen verzerren auch: Frösche im Marmeladenglas sehen breitgedrückt aus, für die muß ich ein grotesker Anblick gewesen sein.“
„Dutzende von Haremsgemälden, dicke Frauen, die sich auf Diwanen räkeln, mit Turbanen auf dem Kopf oder Samtkappen; sie wurden mit Pfauenfedern gefächelt, während ein Eunuch im Hintergrund Wache stand. Studien sitzenden Fleisches, von Männern gemalt, die nie im Orient gewesen waren. Solche Bilder galten als erotisch, und ich dachte damals auch, daß sie es seien; doch jetzt verstehe ich, worum es auf diesen Bildern wirklich ging. Es waren Gemälde über das aufgeschobene Leben, über das Warten, über Gegenstände, die nicht in Gebrauch waren. Es waren Gemälde über die Langeweile.Aber vielleicht ist Langeweile erotisch – wenn Frauen sich langweilen – für Männer.“
„Wir glaubten, wir hätten furchtbare Probleme. Wie sollten wir wissen, daß wir glücklich waren?“
„Ich fuhr mit den Fingern über Buddys silbernen Namen, als würde ich ihn bewundern. Ich dachte gar nicht daran, es zurückzuweisen; das war unmöglich, denn ich hätte niemals erklären können, was daran falsch war, es anzunehmen. Auch hatte ich das Gefühl, daß Buddy etwas gegen mich in der Hand hatte: daß er jetzt, nachdem er zufällig etwas von mir gesehen hatte, das echt war, zuviel über meine Abweichungen von der Norm wußte. Ich hatte das Gefühl, daß ich es irgendwie zurechtbiegen mußte. Jahre später kam mir der Gedanke, daß wahrscheinlich viele Frauen auf diese Weise eine Verlobung oder sogar eine Ehe eingegangen waren.“
„Es gibt mehr als eine Art der Freiheit… die Freiheit zu, und die Freiheit von. In den Tagen der Anarchie war es die Freiheit zu. Jetzt ist dir die Freiheit von gegeben. Unterschätze das nicht.“
„Das Wohnzimmer ist kultiviert, symmetrisch; es ist eine der Formen, die Geld annimmt, wenn es erstarrt. Geld ist jahrelang durch dieses Zimmer geflossen, wie durch eine unterirdische Höhle. Es hat sich verkrustet und zu diesen Formen verhärtet, die an Stalaktiten erinnern.“
„Ich fühle mich wie Zuckerwatte: Zucker und Luft. Einmal fest drücken, und ich werde mich in einen kleinen gräßlichen feuchten Klumpen von weinendem Rosarot verwandeln.“
„Ich blicke mich um, betrachte die Wände, das Fenster; alles ist wie früher, unverändert, aber die Umrisse sind verschwommen, als ob alles leicht verzerrt sei. Ich muss vorsichtiger mit meinen Erinnerungen umgehen, ich muss sicher sein, dass es meine eigenen und nicht die anderer Leute sind, Leute, die mir erzählen wollen, was ich empfand, wie ich mich verhielt, was ich sagte: Wenn die Ereignisse nicht stimmen, stimmen auch die Empfindungen nicht, die ich dabei hatte; ich werde anfangen, sie zu erfinden, und es gibt dann keine Möglichkeit mehr, das zu korrigieren, weil die, die mir helfen könnten, nicht mehr da sind, Ich überfliege schnell meine Version meines Lebens, überprüfe sie wie ein Alibi; es passt zusammen, es ist alles da bis zu der Zeit, als ich fortging. Danach ist mein Leben wie ein entgleister Zug, für einen Augenblick verliere ich es aus den Augen, es ist wie weggewischt; ich weiß nicht mal mein genaues Alter, ich schließe die Augen, was ist das? Die Vergangenheit zu besitzen, aber nicht die Gegenwart, das bedeutet, man fängt an senil zu werden.Ich kämpfe gegen die Panik, die in mir aufsteigt, ich öffne meine Augen gewaltsam, betrachte meine Hände, mein Leben ist darin eingeritzt. Ich öffne die Hand, und die Linien fließen auseinander. Ich konzentriere mich auf das Spinnennetz beim Fenster, in dem gefangene Fliegenkörper hängen, die das Sonnenlicht auffangen; die Zunge in meinem Mund bildet meinen Namen, wiederholt ihn wie ein Psalm…Dann klopft jemand an die Tür. „Gefangen, gefangen“, sagt jemand, es ist David, ich erkenne ihn, Erleichterung, ich bin wieder da, wo ich hingehöre.“
„Männer sind nur das strategische Mittel der Frauen, um weitere Frauen zu machen.“
„Er beginnt allmählich die Dankbarkeit von Frauen zu hassen. Sie ist, als würde man von Kaninchen umschwänzelt oder mit Sirup übergossen. Man wird sie nicht wieder los. Diese Dankbarkeit hemmt einen und macht einen hilflos. Jedesmal, wenn eine Frau ihm dankbar ist, möchte er ein kaltes Bad nehmen. Ihre Dankbarkeit ist nicht echt. In Wirklichkeit meinen sie, daß er ihnen dankbar sein sollte. Insgeheim verachten sie ihn.“
„Weißt du, Schätzchen“, sagte Roz. „Es gibt da etwas, was du nie vergessen solltest. Du hast doch von diesen Chemikalien gehört, die Frauen in sich haben, wenn sie an prämenstruellem Syndrom leiden? Also Männer haben genau dieselben Chemikalien in sich, aber die ganze Zeit.“Vielleicht stimmt das, denkt Tony. Wo kämen sonst all die Feldwebel her?“