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Ernst Jünger
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Zitate
„Der Nationalstaat ist vorgeformt, sowohl geistig wie institutionell. Sein Jahrhundert wiederum formt die Arbeitswelt mit ihrem Vulkanismus und ihren Titanen vor – speziell durch die Wissenschaft. Auch hier kann kein Ziel sein; das Provisorische bezeugt es hinreichend. Oft wird, wie beim Aufschlagen von Zeltlagern, bereits auf Abbruch gebaut.“
„Die Einebnung, die der Nationalstaat, verglichen mit der vorrevolutionären Ordnung, bewirkt hat, betrifft nicht nur die Gesellschaft und ihre Mannigfaltigkeit, sondern auch die Künste einschließlich der Kriegskunst, die Architektur, die Handwerke, jede gewachsene Gliederung überhaupt. Hierher gehört die Angleichung der Landschaften auf Kosten ihrer Eigenart, ihre wachsende Abhängigkeit von den Zentralen, ihre Durchschneidung mit Bahnen, Kanälen und Heerstraßen.“
„Es ist ein Unterschied, ob man mit ererbtem, erspartem, geliehenem oder fiktivem Geld handelt und ob man die Geschäfte, aus denen man Gewinn zieht, mit Augen sieht, ob sie entfernt liegen oder in der Luft hängen.“
„Das gilt auch für andere, nahe verwandte Erscheinungen, wie das sprunghafte Anwachsen der Erdbevölkerung. Es hat seine Gründe, warum gerade China sich dem im »Untergang des Abendlandes« entworfenen Schema der Spätkultur entzieht. Das alles kann behutsam gedeutet, vielleicht sogar beeinflußt, doch nicht gemeistert, geschweige denn gehemmt werden.“
„Für die Gestalt des Arbeiters, des mächtigsten Sohnes der Erde, ist der Aufstand der farbigen Rassen ein antaiischer Akt unter anderen; er gleicht der Einberufung einer Reservearmee. Gebührend zu würdigen wird das erst irn Ergebnis sein, also innerhalb der Gesamtrechnung. Verständlich ist, daß zunächst die Negativposten ins Auge fallen, die Verluste und Einbußen, der Rückfall in primitive Denkformen, die virulent werden.“
„Man muß entweder eine Position ausbauen oder im Sprung eine neue erreichen; man kann Zeit gewinnen, indem man sie dehnt oder indem man sie komprimiert. Nach Clausewitz ist die Verteidigung die stärkere Form. Diese These gilt jedoch nur von Abschnitt zu Abschnitt, denn die absolute Zeit läuft weiter, und wohl oder übel muß jeder nach ihr die Uhr stellen.“
„Desgleichen sind die Astrologen vom Anbruch einer geistigen Epoche überzeugt. Nach ihnen steht das Zeitalter des Vaters unter dem Zeichen des Widders, das des Sohnes unter dem der Fische, während mit dem Zeichen des Wassermannes, in das wir jetzt eingetreten sein sollen, eine Großzeit des Geistes beginnt. Die Aufklärrung ging ihm als Morgendämmerung voraus.“
„Hinsichtlich des Punktes, an dem unsere Untersuchung sich befindet, heißt das, daß sich der Mensch auch unabhängig vom genetischen Experiment verändern wird. Es wäre müßig, Einflüsse der Umwelt, wie sie soziologisch als Milieu, faunistisch als Biotop, kulturhistorisch als Stil bezeichnet werden, zur Erklärung heranzuziehen. Das alles gehört dazu, mit seiner Technik, seiner Ökonomie. Mit dem, was die Astrologen als den Eintritt in ein Neues Haus bezeichnen, verändert sich auch die Einrichtung.“
„Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Veränderung auf das Experiment und die mit ihm operierende spezifische Intelligenz nicht angewiesen ist. Diese ist vielmehr eines ihrer zahlreichen Kennzeichen. Die verändernde Macht kann unter, mit oder über der Intelligenz angreifen. Offenbar aber geht sie, wie der Strom durch einen Transformator, durch sie hindurch. Es sei hier an das erinnert, was über die antaiische und insbesondere über die atmosphärische Unruhe gesagt wurde.“
„Das gilt natürlich nicht für die Vernunft, für den menschlichen Geist und seine Residenz in den obersten Stockwerken. Sonst würde auch die Kritik unmöglich sein. An ihm liegt es, auf Rangordnungzu halten, sie wiederherzustellen und zu vertiefen, wo es nottut, und dieser eminenten und notwendigen Bewegung einen Sinn zu geben, der sie über die bloße Tatsache der zoologischen, technischen und dämonischen Veränderung erhöht. Ohne Zweifel wird das geschehen. Dafür ist eine hinreichende Lagebeurteilung, die sich nicht unnötig bei den Symptomen aufhält, die erste Voraussetzung.“
„Das heißt, daß diese Intelligenzform Merkmal einer Speziesänderung ist, nichtaber ihre Ursache. Sie ist ein zoologisches Kennzeichen, ist im Grunde unfrei und muß, wo sie herrschend wird, sei es als Technokratie, sei es als »biologischeWeltanschauung«, ihrer Natur nach als Widersacherin der Freiheit auftreten.“
„Es handelt sich aber bei der Diskussion über das Experiment nur umSpitzenbegegnungen. Im Hintergrunde wirkt, unfaßbar und ungesondert, nichtetwa das experimentelle Denken, sondern die proteushafte Macht, die dieses Denken bewegt. Daher sehen wir die Diskussion um das Experiment nicht nur auf diesem einen, sondern auf vielen und wechselnden Gebieten entbrannt. Sie füllt einen Teil der Tagespolemik aus. Hierin liegt der Grund dafür, daß zahlreiche undverständige Verbote erlassen werden und daß sie am Schube nichts ausrichten, ihnoft noch beschleunigen. Er liegt darin, daß das Experiment und die mit ihm verbundene spezielle Intelligenz bei der Entstehung der neuen Welt nur Hilfestellungleisten, nicht unmittelbar hervorbringen.“
„Das genetische Experiment, auf den Menschen bezogen, beansprucht große Zeiträume. Das hat seine Vor- und Nachteile. Zu den Nachteilen gehört, daß Unübersehbares in die Wege geleitet wird und daß es nicht rückgängig gemachtwerden kann, wie etwa beim Tierversuch, wobei allerdings vorauszusetzen ist, daßdas wissenschaftliche Denken nicht völlig triumphiert. Ein Vorteil ist, daß rasanteVeränderungen der Individuen und der Gesellschaft auf diesem Wege ausgeschlossen sind.“
„Die Gestalt steht in ihren titanischen Anfängen. Wer sich mit ihr beschäftigt, muß sich über jedes historische System hinauswagen. Die Umwertung der Werte genügt dazu nicht mehr. Die alte Moral vermag die Tatsachen nicht zu bewältigen, doch vor einer neuen Moral, die den Tatsachen entspräche, schrecken wir mit Recht zurück. Das führt in ein fatales Zwielicht – etwa im Hinblick auf Krieg und Frieden, die Atomkraft, die Geburtenbeschränkung, das gute Gewissen überhaupt.“
„Falls wiederkehrende Zyklen eine Rolle spielen, so währt ihr Umlauf jedenfalls bedeutend länger als jeder geschichtlich zu erfassende Zeitraum, auch wenn wir die Vorgeschichte einbeziehen. Wir müssen den Mythos zu Hilfe nehmen, sodann das geologische, zoologische, astronomische Wissen, dazu die Astrologie als eben erst sich entfaltende Wissenschaft.“
„Wir berühren die Gene der Pflanzen, der Tiere und auch des Menschen vorerst wie Einzelsteinchen, wie Tasten eines Instruments, doch ist vorauszusehen, daß es bei diesem Spiel zu ungeahnten Kompositionen kommen wird. Vorerst scheint die Konstanz, die genetische Unantastbarkeit der Arten nochdurch sehr starke Riegel geschützt. Sie würden wohl kaum zu brechen sein, wennnicht das Ungesonderte von der anderen Seite der Mauer aus mit anhöbe. Wenn hier die Sonderungen fallen, werden Dinge möglich, von denen man sich auchheute noch nichts träumen läßt.“
„Auf den verschiedensten Stufen setzt das Leben zu solchen Lösungen an. Zu den gemeinsamen Kennzeichen gehören Staaten-, Stock- und Koloniebildung, Schaffung von biologischen Klassen, die stärker differenzieren als soziale und ökonomische, Spezialisierung und Sozialisierung des Geschlechtlichen, kollektive Brutfürsorge, Großbauten, Speicherwirtschaft und anderes. Es muß sich hier um ein großes undständiges Anliegen handeln, das sich bereits an den frühesten Formen erprobt undmit ihnen experimentiert.“
„Erstarrung droht heute durch die Ratio mit ihrer präzisen, unbarmherzigenMaßgebung, vor allem im technischen Bereich. Der Vergleich mit dem Insektenreich und insbesondere mit seinen staatenbildenden Arten liegt daher nah. Er gibt einen guten Beleg für die erwähnte Wiederkehr der Prinzipien.“
„Kehren wir nochmals zum Bild des Bahnhofes zurück. Es wäre denkbar, daß der Zug ohne den Menschen weiterfährt, der über seinen Geschäften die Abfahrt versäumt. Es wäre auch denkbar, daß der Mensch auf ein Nebengeleis geschobenwird. Das wäre eine Bewegung, wie sie im Lauf der Erdgeschichte schon oftmals stattgefunden. Befürchtungen in dieser Hinsicht mehren sich – Vermutungen, daß Formen der Verhärtung, Verholzung, Versteinerung drohen. Das Leben läßt in solchen Fällen seine Maske zurück. In jedem Tiergarten hat man diesen Eindruck starrer, oftwundervoller, unwandelbarer Perfektion.“
„Inwiefern ist der Mensch für seine Evolution verantwortlich? Inwieweit kann erkontrollieren, ob, vor allem hinsichtlich der Freiheit, sein Fortschreiten ein Aufwärtsschreiten, ein Stillstand oder ein Rückschreiten ist? Und woran kann dieseVerantwortung sich heften inmitten der Einsamkeit der Wüste, im götterleeren Raum? Erwägungen, Hoffnungen, Befürchtungen, Konzepte dieser Art haben Nietzsche als ersten bewegt und heftig erschüttert; das war sein Schicksal, bleibt sein Verdienst. Die Verantwortung behielt er dem »höheren« Menschen vor.“
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