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Ernst Jünger
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Seite 11
Zitate
„Gewisse Dinge sind, zwar nicht tatsächlich, doch inder Anschauung, unmöglich, seit Christus, das »neue Licht«, erschienen ist. Die Kirchen können längst in Museen, Remisen oder Lichtspielhäuser verwandelt sein; es bleibt ein unausrottbares Bewußtsein für das, was im ethischen Sinne schön oder häßlich ist. Dieses Häßliche kann in mythischer Zeit schön gewesen sein – wie etwa das Schauspiel der Blutopfer auf den mexikanischen Pyramiden – es wurde im Augenblick zum Frevel, in dem christliche Augen es wahrnahmen. Damit ist nicht gesagt, daß Christen nicht ähnliches zuzutrauen wäre, aber es fehlt nun der Bluttat der mythische Glanz, die Weihe, das Selbstbewußtsein der antiken Macht. Das ist ein für alle Mal dem Menschen abgedungen und abgekauft.“
„Wir sehen kein Opfer, aber wir zahlen einen Zoll.“
„Allerdings hat noch keine Veränderung auf der Erde stattgefunden, die nicht Blut gefordert hätte. Wir wissen nicht, ob und in welchem Sinne gültige Opfer gebracht werden. Aber wir können nicht daran zweifeln, daß Blut gefordert wird. Daß es nicht den Sinn haben kann, den die Blutvergießenden meinen, ist nicht nur wahrscheinlich; es ist auch der einzige Gedanke, der Erlösung, Versöhnung verspricht.“
„In diesem Sinne lassen sich neue Erwägungen an Cuviers Katastrophentheorieanknüpfen. Die Lehre hat demiurgische Züge; der Weltbaumeister reißt hin undwieder sein Gebäude ein und errichtet es in einer neuen Stilart unter Anwendung anderer Prinzipien. Ähnlich verfährt schon Jehova im Alten Testament. Ererwägt immer wieder, ob er den Menschen nicht ausrotten soll.“
„Daß dieser Wechsel der Anschauung sich alten Universaltheorien zu nähernscheint, geschichtsphilosophisch Herderschen, zoologisch Cuvierschen Auffassungen, ist nicht als Rücklauf zu betrachten, sondern gehört zu den Erscheinungen des Spiralganges, der das Fortschreiten des menschlichen Denkens kennzeichnet. Die großen Ideen wiederholen sich in stets erneuter Abwandlung und folgen damit einem Grundprinzip der organischen Bildung überhaupt, wie denn auch Einzelorgane, etwa Flossen und Flügel, aus den verschiedensten Stämmen immer wieder hervortreiben.“
„Die Verfeinerung von Darwins Anschauung, der Einbau von neuen Elementen inihr Gerüst, betrifft im wesentlichen nicht den Stammbaum als solchen, sondernseine Verzweigung und ihren Periodus. Hier wirkt offenbar ein ähnlicher Wechselder Auffassung wie jener, der Spenglers Geschichtsbild zugrunde liegt. Er betrifftweniger die Inhalte als den Wandel ihrer Abläufe. Hier wie dort fällt die Anwendung von Vergleichen auf, die dem vegetativen Leben entnommen sind. Die Pflanzefolgt sichtbarer den kosmischen Bewegungen, hat feinere Organe für ihre Abläufeals Mensch und Tier. Fechner hat das vorzüglich beobachtet.“
„Die Auffassung über die Art und Reihenfolge, in der sich die Passagiere ablösen, kann davon unberührt bleiben. Dem entspricht, daß Darwins Theorie auch heutenoch im wesentlichen als unerschüttert gilt. Ebenso unerschüttert bleibt die bereits von Schopenhauer an ihr vollzogene metaphysische Kritik.“
„Wenn wir den Übergang der Lebensformen aus dem stationären Zustand in dieBewegung als klimatische Erscheinung und im Zusammenhang mit einemKlimawechsel betrachten, so besagt das nichts über die Länge und Dauer der Fahrt. Es handelt sich zunächst um eine Änderung des Fahrplanes.“
„Das Hineinwirken des menschlichen Planes ist eigentlich ein Hinauswirken; es ist ein Mit- und Gegenspiel, in dem auch das gewaltige Schauspiel der Freiheit sich ausdrückt, das Hegel auf geniale Weise durchdrungen hat. Diese Freiheit beruht auf der Vorgabe eines mächtigen Schachspielers: er verzichtet auf die stärkste Figur.“
„Alles, was sie heute von sich weisen, wird eines schönen Tages zur Hintertüre wieder hereinkommen.“
„Der umfassendste Tötungsakt, der heute zu beobachten ist, richtet sich gegen die Ungeborenen. Es ist vorausztusehen, daß diese Erscheinung, die in bezug auf das Individuum den Sinn einer größeren Sicherung der Lebensführung des Einzelnen besitzt, beim Typus die Rolle eines bevölkerungspolitischen Mittels spielen wird. Ebenso unschwer zu erraten ist die Wiederentdeckung der sehr alten Wissenschaft der Entvölkerungspolitik. Hierher gehören bereits die »vingt millions de trop«, ein aperçu, das inzwischen durch den Bevölkerungsschub, ein Mittel, durch das man sich sozialer oder nationaler Grenzschichten auf dem Verwaltungswege zu entledigen beginnt, an Anschaulichkeit gewonnen hat.“
„Die Gesellschaft erneuert sich durch Scheinangriffe auf sich selbst; ihr unbestimmter Charakter oder vielmehr ihre Charakterlosigkeit bringt es mit sich, daß sie auch ihre schärfste Selbstverneinung noch in sich aufzunehmen vermag. Ihre Mittel sind zwiefach: entweder verweist sie die Verneinung an ihren individuell anarchischen Pol und verleibt sie dadurch ihrem Bestande ein, daß sie sie ihrem Freiheitsbegriffe unterstellt; oder sie fängt sie an dem scheinbar entgegengesetzten Pole der Masse in sich ein und verwandelt sie dort durch Zählung, durch Abstimmung, durch Unterhandlung oder Unterhaltung in einen demokratischen Akt.“
„Wir Nationalisten glauben an keine Wahrheiten. Wir glauben an keine allgemeine Moral. Wir glauben an keine Menschheit als ein Kollektivwesen mit zentralem Gewissen und einheitlichem Recht. Wir glauben vielmehr an ein schärferes Bedingtsein von Wahrheit, Recht und Moral durch Zeit, Raum und Blut. Wir glauben an den Wert des Besonderen“
„Die Einteilung der Alten in ein goldenes, silbernes, erzenes und eisernes Zeitalter bezieht sich nicht auf die Metalle im materiellen Sinn. Sie ist eher der Art verwandt, in der die Alchimisten oder auch die Astrologen von den Metallen sprechen: die Eigenschaften sind Tugenden des Seins. Wir sagen noch heute: »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold«. Es handelt sich bei dieser Einteilung im Grunde um vier Jahreszeiten eines Weltalters von abnehmender Kraft. Gold ist hier Göttliches. Es bleibt in jeder Form Gold, was aus Gold besteht: »Nichts Göttliches in dem, // Was aus ihm ward, vergeht.« (Shankara). Auch der Brahmane kennt solche Weltalter von ungeheurer Ausdehnung, die durch partielle Weltuntergänge getrennt sind und von denen jedes seine Morgen- und seine Abenddämmerung besitzt. Jedes hat seinen eigenen Götterhimmel, sein neues Menschengeschlecht.“
„Hesiod sagt von den Menschen des Goldenen Zeitalters: »– Ganz nach Gefallen // Schufen sie ruhig ihr Werk und waren in Fülle gesegnet, // Reich an Herden und Vieh, geliebt von den seligen Göttern.« Erst von den Menschen des Erzenen Zeitalters heißt es: »– diese betrieben Ares’ Jammergeschäfte und Frevel.« Auch heute sind die Spiegelungen des Goldenen Zeitalters stärker als alle anderen. Ihm entstammt der Mensch Rousseaus, während der Norde das Erzene Zeitalter vertritt.“
„Auch zwischen Vorgeschichte und Urgeschichte schwanken die Abgrenzungen. Im Sinne, in dem das Wort oder ihm ähnliche seit Hesiod immer wieder verwandt wurden, verschmilzt die zeitliche Bedeutung mit einer idealen – gemeint ist die Idee des Menschengeschlechts. Wo sie sich rein verwirklicht, ist das Goldene Zeitalter, wie es immer wieder von Menschen gesucht und als Muster verwandt worden ist.“
„Wenn wir Mythisches und Geschichtliches innerhalb der menschlichen Wirklichkeit abgrenzen, so treffen wir eine schärfere Unterscheidung als jene, die zwischen Geschichte und Vorgeschichte sich ziehen läßt. Das soll nicht heißen, daß mythische und vorgeschichtliche Zeit identisch sind.“
„Vieles läßt darauf schließen, daß der Abschied von der Geschichte einschneidender und folgenschwerer sein wird, als es jener vom Mythos war. Das läßt vermuten, daß ein noch größerer Zyklus abgelaufen ist. Wird der Mensch nicht noch mehr als damals opfern, nicht noch mehr zurücklassen müssen – am Ende das Menschentum selbst?“
„Der Spaten ist für die Geschichte ein Hilfsmittel, für die Vorgeschichte das Hauptmittel.“
„Soviel, um anzumerken, daß Wiederkehr mythischer Figuren zur Herrschaft nicht zu erwarten ist. Dem widerspricht nicht, daß das historische Bewußtsein als geschichtsbildende Macht seinerseits aus der Herrschaft scheidet, vielleicht bereits geschieden ist, und zwar auf ähnliche Weise, wie es den Mythos ablöste.“
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