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Bernhard Schlink
Zitate
„Vielleicht, weil die Wahrheit des Rechts ebenso in Worten und Sätzen liegt wie die Wahrheit von Geschichten und weil die Dinge hier wie dort zu ihrem Ende gebracht werden müssen.“
„Warum wird uns, was schön war, im Rückblick dadurch brüchig, daß es häßliche Wahrheiten verbarg?Manchmal hält die Erinnerung dem Glück schon dann die Treue nicht, wenn das Ende schmerzlich war. Weil Glück nur stimmt, wenn es ewig hält? Weil schmerzlich nur enden kann, was schmerzlich gewesen ist, unbewußt und unerkannt?“
„Geschichte treiben heißt Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen und beide Ufer beobachten und an beiden tätig werden.“
„Die Schichten unseres Lebens ruhen so dicht aufeinander auf, daß uns um Späteren immer Früheres begegnet, nicht als Abgetanes und Erledigtes, sondern gegenwärtig und lebendig. Ich verstehe das.“
„Aber irgendwann hörte die Erinnerung an sie auf, mich zu begleiten. Sie blieb zurück, wie eine Stadt zurückbleibt, wenn der Zug weiterfährt. Sie ist da, irgendwo hinter einem, und man könnte hinfahren und sich ihrer versichern. Aber warum sollte man.“
„Ich meine nicht, daß Denken und Entscheiden keinen Einfluß auf das Handeln hätten. Aber das Handeln vollzieht nicht einfach, was davor gedacht und entschieden wurde. Es hat seine eigene Quelle und ist auf ebenso eigenständige Weise mein Handeln, wie mein Denken ist und mein Entscheiden mein Entscheiden.“
„Man schätzt das Alter schwer, das man noch nicht hinter sich hat oder auf sich zukommen sieht.“
„Ist diese Traurigkeit die Traurigkeit schlechthin? Ist sie es, die uns befällt, wenn schöne Erinnerungen im Rückblick brüchig werden, weil das erinnerte Glück nicht nur aus der Situation, sondern aus einem Versprechen lebte, das nicht gehalten wurde?“
„Weil Glück nur stimmt, wenn es ewig hält? Weil schmerzlich nur enden kann, was schmerzlich gewesen ist, unbewusst und unerkannt? Aber was ist ein unbewusster und unerkannter Schmerz?“
„Wenn bei Flugzeugen die Motoren ausfallen, ist das nicht das Ende des Flugs. Die Flugzeuge fallen nicht wie Steine vom Himmel. Sie gleiten weiter […], um dann beim Versuch des Landens zu zerschellen. […] Der Sommer war der Gleitflug unserer Liebe.“
„Einem Scheich läuft eine Frau mit einem anderen Mann davon. Sie ist seine Lieblingsfrau, sein Augapfel, jung und schön wie der Morgen. Der Scheich ist traurig, aber obwohl er ein stolzer Mann ist, hat er ein großes Herz und versteht, dass eine Frau, die liebt, ihrer Liebe folgt. Jahre später tötet der neue Mann die Frau im Zorn. Der Scheich, der toleriert hat, dass sein Eigentum seiner eigenen Wege geht, toleriert nicht, dass jemand anderes sein Eigentum zerstört. Also lässt er den neuen Mann erschlagen.“
„Ich dachte früher, wer nicht mehr zu lange zu leben hat, sagt die Wahrheit. Aber vielleicht sind die, die nicht mehr lange zu leben haben, die schlimmsten Lügner. Wenn sie sichjetzt nicht in Szene setzen, wann dann? Die Wahrheit… Was ist die Wahrheit, auf die der Richter einem keinen Brief und kein Siegel gibt? Und was die Lüge, auf die er es einem gibt? Was ist die Wahrheit, wenn sie nur durch die Köpfe vagabundiert und nicht gehörig festgestellt wird?“
„Als ich aus Kuwait zurückkam, war das Geld auf meinem Konto. Was hätte ich machen sollen? Nach Kuwait fliegen und dem Attache sagen, er solle sein Geld wieder nehmen und mir meien Freundin wiedergeben? Mich, wenn er mir ins Geischt lacht, beim Emir beschweren? Unseren Außenminister bitten, er soll mit dem Emir sprechen? Hätte ich ein paar Kerle von der Russenmafia engagieren und mit ihnen die Anlage aufrollen sollen, in der der Attache gewohnt und sie vermutlich gefangen gehalten hat? Ich weiß, ein richtiger Mann, der seine Frau liebt, haut sie raus. Wenn er dabei zugrunde geht, geht er dabei zugrunde. Besser mit Anstand sterben als in Feigheit leben. Ich weiß auch, dass ich mit drei Millionen eigentlich genug Geld hatte, um mir Russen und die Waffen und den Hubschrauber und was man sonst noch braucht zu besorgen. Aber das ist Film. Das ist nicht meine Welt. Das kann ich nicht. Die Kerle von der Russenmafia würden mir einfach Geld abnehmen, und die Waffen wären verrostet, und der Hubschrauber hätte einen Getriebesschaden.“
„Schalftrunken, farbentrunken, freiheitstrunken – ich weiß nicht, wo ich bin und wo wir fahren. Ich habe vergessen, wo ich herkomme.“
„Er erlebte die Stadt wie einen Wald. Er dachte: Sie liegt nicht auf einer Insel, sie ist die Insel. Sie ist nicht in eine Landschaft gebaut, sondern ist die Landschaft. Eine Landschaft von steinerner Vegetation, die den Menschen nicht gehört, in die sie erst Schneisen schlagen und in der sie ihre Wohnungen erst begründen müssen. Die Schneisen und Wohnorte können von der Vegetation auch wieder eingeholt und überwuchert werden. Manchmal stieß er auf abgerissene Häusergevierte, Trümmergrundstücke, Fassaden mit leeren oder vermauerten Türen und Fenstern – wie vom Krieg verwüstet, und weil es keinen Krieg gegeben hatte, wie von der Natur ergriffen. diesmal nicht der wuchernden des Waldes, sondern der wütenden eines Erdbebens. Und wie wachsende Kristalle die hochstrebenden neuen Bauten.“
„Ich dachte, wenn die rechte Zeit verpaßt ist, wenn einer etwas zu lange verweigert hat, wenn einem etwas zu lange verweigert wurde, kommt es zu spät, selbst wenn es schließlich mit Kraft angegangen und mit Freude empfangen wird. Oder gibt es „zu spät“ nicht, gibt es nur „spät“, und ist „spät“ allemal besser als „nie“? Ich weiß es nicht.“
„Er suchte nicht das leichte Leben, sonderen das schöne. Er gierte nicht nach Geld, er spielte damit.“
„Es war kein Abenteuer-, sondern ein Reiche-Leute-Urlaub; die Infrastruktur ist wie in Florida, die Restaurants haben französische Köche, die Picknicks werden an Tischen mit Tischdecken, Porzellan und Sillber serviert, und wir wurden in großen Autos chauffiert. Es war beeindruckend. Aber ich war froh, wenn wir abends in unserer Suite waren. Oder wenn wir morgens auf dem Balkon saßen und die Sonne aufgehen sahen. Ob am Mittelmeer oder an der Nordsee – wir hatten die Sonne schon oft im Meer versinken, aber noch nie daraus aufstiegen sehen.“
„Weil die Wahrheit dessen, was man redet, das ist, was man tut, kann man das Reden auch lassen.“
„Dass man, wenn man sehr müde ist, sagt, man sei todmüde, fiel mir ein, und dass man, wenn man todmüde ist, doch voller Leben ist, und wenn man lebensmüde ist, schon dem Tod nahe.“
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